Diese Eis-Freestyler besuchen sich gegenseitig in ganz Deutschland. Somit wurden wir eines Tages vom Pupertier gefragt, ob er mit seinen Kumpels aus der Eishalle zu einem Treffen bei einem befreundeten Freestyle-Club, der 250 km von uns zu Hause entfernt ist, gehen darf. Ich fragte ihn: „Wie kommt ihr denn da hin?“. Als Antwort kam, „Zuerst fahren wir ein Stück mit dem Zug und den Rest fahren wir mit dem Bus“. Ich ging von einem Linienbus aus … Vorher haben wir noch ganz klar abgesprochen, dass die Hämophilie-Medikamente mit müssen, auch wenn es uncool ist.
Teenager mit Hämophilie allein unterwegs
Also ging er an dem besagten Tag los. Wir hatten den ganzen Tag über per Handy immer mal wieder kurz Kontakt, ob alles okay ist. Gegen Abend kam dann die Nachricht, sie hätten den Nachhauseweg angetreten. Erleichterung für mich. Dann kam noch eine Nachricht. „Ich bin in circa 2 Stunden zu Hause, wir sind gerade noch in einem Schnellrestaurant und essen kurz was“. Ich war an diesem Abend mit meinen Mädels im Theaterhaus. Die Vorstellung ging los und ich war ganz beruhigt, da ja alles gut zu sein schien. Mein Handy war dort natürlich auf lautlos gestellt. Irgendwann, warum auch immer, ich nenne es Mutterinstinkt, sah ich auf mein Handy. Ein paar Anrufe von meinem Sohn. Ich schrieb ihm eine Nachricht, aber es kam nichts zurück.
Die Polizei ruft an
Ich verließ den Theatersaal. Als ich gerade draußen war, rief eine unbekannte Nummer an. Es war die Polizei. Sie erzählten mir, dass mein Sohn als Beifahrer eines VW Busses einen Unfall hatte, es ihm aber soweit ganz gut ginge. Da er über Schmerzen im Nackenbereich klagte, würde er vorsichtshalber gerade mit dem Krankenwagen in eine Klinik gefahren. Ich wollte gerade nach dem Medikament fragen, als der Polizist sagte: „Das Medikament ist bei Ihrem Sohn!“ Puh, dachte ich, mein Sohn denkt mit!
Auf ins Krankenhaus
Ich rief meinen Mann an, der von da an den Rest regelte. Mein Mann hatte in der Zwischenzeit von mir den Namen der Klinik bekommen und fuhr sofort dort hin. Unser Sohn war noch in der Klinik, aber nicht über sein Handy erreichbar. Also fragte mein Mann am Empfang, ob sie ihm sagen könnten, wo er sich gerade befand. Der müsse noch in der Notaufnahme sein, war die Antwort. Als mein Mann dort ankam, war unser Sohn gerade fertig mit den Untersuchungen. Der Arzt sagte, sie hätten nichts gefunden, er könne ihn direkt mit nach Hause nehmen.
Also gingen sie zum Auto. Im Gespräch kam zum Vorschein, dass der Arzt die Hämophilie A abgetan hatte, als nicht relevant bei einem Unfall. Das Hämophilie-Medikament wollte er nicht einmal anschauen. Mein Mann reagierte völlig richtig und sagte, dann spritzen wir jetzt sofort hier im Auto.
Guter Rat für die Zukunft
Am nächsten Tag habe ich in unserem Hämophilie-Zentrum angerufen und über den Vorfall berichtet. Nach langem Hin und Her sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass ja schon Erwachsene Respekt vor einem Arzt haben, wie muss es dann erst Jugendlichen gehen? Jedenfalls haben wir unserem Sohn Folgendes mitgegeben: Wenn er noch einmal in so eine Situation kommt und der Arzt auf die Mitteilung, dass er Hämophilie A habe nicht reagiert und es als „nichts“ abtut, dann soll er in Zukunft sagen, er soll bitte über die 24-Stunden-Hotline im Hämophilie-Zentrum anrufen und die erforderlichen Maßnahmen direkt dort besprechen. Uns ist wieder mal bewusst geworden, dass ein „normaler Arzt“ sehr selten mit der Hämophilie zu tun hat und deshalb darf man sich da nicht einfach abspeisen lassen. Ich würde Euch in jedem Alter raten, bei Problemen mit „überforderten“ Ärzten immer mit dem Hämophilie-Zentrum Kontakt aufzunehmen.
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