Nicht-Faktor-basierte Therapie
Nicht-Faktor-basierte Therapien haben einen anderen Ansatz als Faktor-basierte Therapien. Bei ihnen wird kein plasmatisch oder gentechnologisch hergestellter Ersatzfaktor VIII verabreicht. Das Problem des fehlenden Faktor VIII wird auf andere Weise umgangen. Das hat den Vorteil, dass diese Therapien auch für Betroffene mit einer Hemmkörper-Hämophilie infrage kommen, da der Körper keine Hemmkörper gegen den bei der Substitutionstherapie zugeführten Faktor VIII entwickeln kann.
Mögliche verschiedene nicht-Faktor-basierte Therapien
Es gibt verschiedene nicht-Faktor-basierte Therapien. Dazu gehören die Antikörpertherapien und die Bypass-Therapien.
Die Antikörpertherapien werden alle als Prophylaxe subkutan verabreicht. Allerdings haben sie verschiedene Wirkmechanismen. Entweder übernehmen sie die Rolle des bei der Hämophilie A fehlenden Faktor VIII – statt ihn zu ersetzen – und gewährleisten so eine funktionierende Blutgerinnung. Oder sie stellen das Gleichgewicht zwischen gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Stoffen wieder her, das bei der Hämophilie zugunsten der Gerinnungshemmer gestört ist. Die Medikamente hemmen die Gerinnungshemmer und schaffen so wieder eine Balance.
Bypass-Medikamente können ebenfalls als Prophylaxe oder als Bedarfstherapie verabreicht werden und haben ebenfalls zwei verschiedene Wirkmechanismen. Dazu ist wichtig zu wissen, dass die Gerinnungskaskade aus zwei Teilen besteht: dem extrinsischen und dem intrinsischen Weg. Beide Wege laufen beim Faktor X zusammen, der wichtig ist, damit Thrombin und schließlich Fibrin entsteht, welches dann die Wunde verschließt. Faktor VIII ist auf der intrinsischen Seite des Weges wichtig für die Aktivierung von Faktor X und Faktor VII auf der extrinsischen Seite. Entweder enthalten Bypass-Medikamente so viel rekombinanten aktivierten Faktor VII (rFVIIa), dass die Menge ausreicht, um die Gerinnungskaskade auch ohne Faktor VIII nur von der extrinsischen Seite aus zu aktivieren. Oder sie enthalten aktivierten Prothrombinkomplex, sodass die Bildung von Thrombin und dann von Fibrin ebenfalls ohne Faktor VIII stattfinden kann.
