Prophylaxe bei Hämophilie A – das solltest Du wissen

Prophylaxe bei Hämophilie A – das solltest Du wissen

Die verschiedenen Therapien zur Blutungsprophylaxe bei Hämophilie A können Blutungen vorbeugen und somit Gelenkschäden verhindern. Hier erfährst Du die wichtigsten Eckpunkte zu den verschiedenen Therapieoptionen, die bei Hämophilie A zur Verfügung stehen.

Medikamente für die Hämophilie-A-Therapie

Idealerweise startet die Prophylaxe bei Hämophilie A direkt ab Diagnose. Die World Federation of Hemophilia (WFH) empfiehlt in ihrer Leitlinie, möglichst früh mit einer prophylaktischen Behandlung zu beginnen – im Idealfall direkt nach der Geburt.1 So kann Blutungen bereits von Beginn an vorgebeugt und dadurch mögliche Schäden an Gelenken verhindert werden. Denn das Therapieziel sollte stets Zero Bleeds sein, also keine Blutungen.

Es gibt viele verschiedene Medikamente, die für eine Prophylaxe infrage kommen. Die Medikamente unterscheiden sich nicht nur in der Art und Häufigkeit ihrer Verabreichung, sondern auch in ihrem Zulassungsstatus (z. B. das Alter, ab dem das Medikament verabreicht werden kann, der Schweregrad der Hämophilie A und eventuell vorliegende Hemmkörper). Welche Therapie am besten zu Dir passt, besprichst Du am besten mit Deinem Behandlungsteam. Als kleine Unterstützung kannst Du auch mithilfe unseres Therapieentscheidungsbaums herausfinden, welcher Typ Du bist.

Eigenschaften der Hämophilie-A-Medikamente

Die zugelassenen Medikamente unterscheiden sich in ihrer Halbwertszeit (HWZ) – die Zeit, bis ein Medikament vom Körper zur Hälfte abgebaut wurde – und somit auch in der Häufigkeit ihrer Verabreichung. Je kürzer die HWZ, desto schneller wird das Medikament abgebaut und muss erneut nachgespritzt werden. Genauere Infos zur HWZ erhältst Du in diesem Video.

In der Tabelle findest Du einen Überblick über die HWZ der prophylaktischen Medikamente und den daraus folgenden Medikamentenspiegeln im Blut. Auch die Verabreichung spielt dabei eine große Rolle. Produkte die i. v., also intravenös, gespritzt werden, sind sofort im Blut. Dadurch steigt der Spiegel steil an, fällt dann abhängig von der HWZ aber auch schnell wieder ab.

Subkutane Therapien werden unter die Haut (s. c.) gespritzt und müssen erst in den Blutkreislauf gelangen. Abhängig von ihrer HWZ können die als subkutane Therapie zugelassenen Antikörper eine gleichmäßigere und länger anhaltende, konstante Wirkstoffkonzentration über Wochen im Blut gewährleisten.

Die Gentherapie wird einmalig verabreicht. Nachdem das Medikament (ein unschädlich gemachtes Virus, das einen intakten Bauplan für Faktor VIII enthält) in die Leberzellen aufgenommen wurde, findet die Produktion des Gerinnungsfaktors über Monate bis Jahre kontinuierlich statt. Damit bieten diese Therapieoptionen bei Ansprechen des Patienten einen über einen längeren Zeitraum konstanten Blutungsschutz.

Welches Medikament passt aufgrund seiner Eigenschaften am besten zu Deinem Lebensstil? Besprich Dich dazu mit Deinem Behandlungsteam. Gemeinsam könnt ihr die am besten zu Dir passende Therapie finden.

Hast Du einen Hämophilie-freien Geist?

Heutzutage nimmt man auch die mentale Belastung mehr und mehr in den Blick bei der Therapieentscheidung. Es geht nicht mehr nur darum, wie häufig ein Medikament verabreicht werden muss. Wichtig ist auch, welchen Einfluss die Therapie auf Deine Lebensqualität und Deine Psyche hat und wie oft Du an sie oder Deine Erkrankung denken musst. Je besser und länger eine Therapie Dich vor Blutungen schützt, desto weniger Raum nimmt sie in Deinem Leben ein. Das reduziert die Therapielast, und Du fühlst Dich durch die Therapie weniger eingeschränkt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Zeitpunkt der Medikamentengabe und dessen Einfluss auf Deine Spontaneität. Bei einigen Medikamenten musst Du die Therapie an Deine körperliche Aktivität oder Deinen Sport anpassen, was eine Vorausplanung erfordert. Im Gegensatz dazu gibt es Therapien, die einen konstanten Blutungsschutz bieten. Mit diesen kannst Du spontan Sport treiben oder aktiv werden, ohne Dir vorher Gedanken über die Medikation machen zu müssen. Das kann Deine Lebensqualität erheblich verbessern und Dir ein freieres Lebensgefühl geben. Das ist eine wichtige Voraussetzung für einen Hämophilie-freien Geist. Ganz rechts in der Tabelle findest Du eine Übersicht über Themen, die Betroffene beschäftigen können.

Wie geht es Dir mit Deiner Therapie? Machst Du Dir viele Gedanken oder sind Erkrankung und Behandlung für Dich in den Hintergrund gerückt? Wenn Du gerne etwas daran ändern möchtest, dann wende Dich an Dein Behandlungsteam. Gemeinsam könnt Ihr Deine Therapie optimieren und individuell auf Dich und Deine Bedürfnisse anpassen.

Übersicht der prophylaktischen Therapien bei

Hämophilie A

Hier findest Du eine Übersicht über die verschiedenen zugelassenen prophylaktischen Medikamentengruppen: Wie und wie häufig werden sie verabreicht, wann können sie angewendet werden und wie oft musst Du für Kontrolltermine in Dein Hämophilie-Zentrum? Welche ist die für Dich besser geeignete Darreichungsform und wie wichtig sind Dir die Therapieintervalle zwischen zwei Spritzentagen?

Prophylaxe bei Hämophilie A – das solltest Du wissen

Jetzt bist Du dran!

Hast Du selbst auch eine prophylaktische Therapie?

Wenn ja, dann hinterfrage regelmäßig, ob sie die Richtige für Dich ist und noch zu Deinen Bedürfnissen passt oder ob sich vielleicht ein Wechsel lohnen würde. Mit unserem Therapiecheck kannst Du das herausfinden.

Gründe für einen Therapiewechsel gibt es verschiedene. Sie können persönlicher Natur sein, z. B. wenn Du Dich beruflich veränderst, mehr reisen willst oder eine Familie gründen willst. Ein Wechsel kann aber auch durch Deine bisherige Therapie begründet sein, z. B. wenn Du mit der Wirksamkeit nicht mehr zufrieden bist, weil Du zu hohe Blutungsraten hast, oder weil plötzlich Neben- oder Wechselwirkungen auftreten oder die Therapie einfach nicht mehr in Dein Leben passt. Beides kann Deine Spontaneität und somit Lebensqualität einschränken.

Sprich Dein Behandlungsteam darauf an, wenn Du Dich über eine Alternative zu Deiner jetzigen Therapie informieren möchtest. Gemeinsam könnt ihr überlegen, ob nicht auch für Dich eine andere Prophylaxe die geeignetere Therapie wäre.

Digitale Unterstützung bei der Therapieentscheidung und Checklisten

Eine passende Therapie zu finden, ist entscheidend für ein Leben mit Hämophilie. Zwei digitale Tools können Dir und Deinem Behandlungsteam helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen:

Beide Tools erleichtern es Dir, die für Dich beste Therapieentscheidung zu treffen – transparent, individuell und auf Deine Bedürfnisse abgestimmt.

Als weitere Unterstützung haben wir für Dich zwei Checklisten erstellt: Vorbereitung auf das Arztgespräch  und Therapieentscheidung.

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.

  1. Srivastava A et al. WFH guidelines for the management of hemophilia, 3rd edition. Haemophilia. 2020; 26(suppl 6):1–158
  2. https://sdm.wfh.org/de/welcome-de/
  3. Fachinformation Valoctocogen roxaparvovec
  4. Fachinformation Efmoroctocog alfa
  5. Fachinformation Turoctocog alfa
  6. Fachinformation Marstacimab
  7. Fachinformation Emicizumab

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