Was ist das Von-Willebrand-Syndrom?

Was ist das Von-Willebrand-Syndrom?

Neben der Hämophilie gibt es auch noch andere Erkrankungen, bei denen die Blutgerinnung gestört ist. Eine davon ist das Von-Willebrand-Syndrom. Es zeichnet sich durch einen fehlenden, zu geringen oder fehlerhaften Von-Willebrand-Faktor aus.

Von-Willebrand-Syndrom

Das Von-Willebrand-Syndrom (VWS), auch Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom, Willebrand-Jürgens-Syndrom oder Willebrand-Syndrom genannt, ist die Gerinnungsstörung mit der größten Häufigkeit – etwa ein Prozent der Bevölkerung erkrankt daran – davon entwickeln 1:3.000 bis 1:10.000 Symptome. In Deutschland sind das schätzungsweise 800 000 Männer und Frauen. Das VWS entsteht durch einen Mangel an Von-Willebrand-Faktor (VWF) oder durch unzureichend funktionierenden VWF. Grund dafür ist ein defektes Gen. Da es sich um ein Gen handelt, das nicht auf einem Geschlechtschromosom liegt, wird es geschlechtsunabhängig an alle Neugeborenen vererbt. 

Was ist die Aufgabe des Von-Willebrand-Faktors?

Der Von-Willebrand-Faktor hat zwei Aufgaben. Die eine ist die Stabilisierung von Faktor VIII, sodass dieser im Blutkreislaufsystem nicht vorschnell abgebaut wird. Die andere Aufgabe besteht darin, durch die Bildung eines Blutplättchen-Pfropfens für einen ersten Verschluss der Wunde zu sorgen. Das geschieht, indem VWF über Kollagen an die Wunde bindet und Blutplättchen (Thrombozyten) wiederum an den Faktor. Die Blutplättchen binden weiter aneinander und bilden so einen Pfropf, der sich auch „weißer Thrombus“ nennt.

Zu welchen Symptomen führt das Von-Willebrand-Syndrom?

Insbesondere Schleimhautblutungen sind typische Symptome für das VWS: Nasenbluten, Zahnfleischbluten, starke Regelblutungen, Magendarmblutungen sowie Blutungen in Blase, Harnröhre und Gebärmutter. In den meisten Fällen sind diese Blutungen aber nicht so stark, dass sie auffallen oder bedrohlich sind. Häufig kommt es erst infolge von starken Blutungsereignissen zur Diagnose.

Typen des Von-Willebrand-Syndroms

Das VWS wird in drei Typen aufgeteilt:

Typ 1

Der VWF, der produziert wird, funktioniert zwar, die produzierte Menge ist allerdings zu gering (quantitativer Defekt). Dieser Typ des Syndroms wird bereits hervorgerufen, wenn lediglich eine der zwei vorhandenen Versionen des Gens für den VWF fehlerhaft ist. Die Blutungsneigung ist in der Regel schwach ausgeprägt. Häufig wird die erhöhte Blutungsneigung erst bei operativen Eingriffen oder stärkeren Verletzungen, zum Beispiel auch beim Ziehen eines Zahns bemerkt, woraufhin dann die Diagnose VWS gestellt wird. Etwa 60 bis 80 Prozent der VWS-Betroffenen haben diese Form der Erkrankung. 

Typ 2

Der produzierte VWF ist fehlerhaft und kann seine Aufgaben daher nur bedingt umsetzen (qualitativer Defekt). Dadurch kommt es zu einer ausgeprägteren Blutungsneigung als bei Typ 1, die daher auch früher erkannt wird. An Typ 2 des VWS sind 15 bis 30 Prozent der Betroffenen erkrankt. Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv, was bedeutet, dass beide Versionen des Gens defekt sein müssen, damit es zu Typ 2 VWS kommt.

Typ 3

Bei der seltensten der drei VWS-Formen – 5 bis 10 Prozent der Fälle – wird kein oder kaum VWF produziert. Dadurch kann es neben den typischen Schleimhautblutungen auch zu Blutungen in Muskeln und Gelenken kommen, welche den Blutungen bei einer Hämophilie A, bei der der Faktor VIII fehlt, ähneln. Betroffene mit Typ 3 werden in der Regel bereits im frühen Kindesalter diagnostiziert.

Erworbenes Von-Willebrand-Syndrom

Neben diesen erblichen Formen des Von-Willebrand-Syndroms kann es vorkommen, dass sich das Krankheitsbild infolge bestimmter Erkrankungen (Autoimmunerkrankungen, Krebs, Herzkrankheiten) oder medikamentöser Behandlungen entwickelt.

Behandlung des Von-Willebrand-Syndroms

Von Typ 1 Betroffene benötigen oft keine prophylaktische Behandlung – eine Bedarfstherapie mit blutungsstillenden Mitteln ist bei auftretenden Blutungen meist ausreichend. Im Zusammenhang mit Operationen kann aber eine vorbeugende Verabreichung von blutungsstillenden Medikamenten notwendig sein.

Betroffene mit Typ 2 sprechen auf blutungsstoppende Medikamente sehr unterschiedlich an. Bei einer milden Ausprägung reicht oft auch eine Bedarfstherapie bei kleinen Verletzungen.

Für Menschen mit Typ 3 sind die blutungsstillenden Medikamente nicht geeignet. Stattdessen erhalten sie eine Substitutionstherapie (lat. substituere = ersetzen) mit VWF-haltigen Faktor-VIII-Präparaten.

Betroffene mit VWS Typ 3, viele mit VWS Typ 2 und Menschen mit einer schweren Ausprägung des Typ 1 müssen vorbeugend mit VWF-haltigen Faktor-VIII-Konzentraten behandelt werden, um Blutungen zu verhindern. 

Quellen:

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