Anwendungsformen bei Hämophilie-Medikamenten – Durch Deine Hämophilie Diagnose kennst Du eine oder mehreren Arten, Medikamente zu spritzen. Eine Injektion ist jedoch nur einer der vielen Wege, ein Medikament anzuwenden.
Heutzutage gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Medikamente herzustellen und zu verpacken. Die Form, in der Du sie in der Apotheke kaufst, nennt man auch die Anwendungsform oder die Darreichungsform eines Medikaments.
Die Anwendungsform kann zum Beispiel eine Tablette, ein Saft oder ein Spray sein. Sie bestimmt, über welchen Weg der Wirkstoff in Deinen Körper gelangt. Zudem kann die Anwendungsform bestimmen, ob ein Medikament auf den ganzen Körper (systemisch) oder nur an einem bestimmten Ort (lokal) wirkt.
Welche Anwendungsformen bei Hämophilie-Medikamenten gibt es?
Medikamente zum Einnehmen
Der häufigste Aufnahmeweg von Medikamenten ist durch den Mund. In der Fachsprache nennt man dies eine orale Aufnahme. Beispiele hierfür sind Tabletten, Kapseln, Säfte und Tropfen. Medikamente, die Du schluckst, lösen sich im Magen oder im Darm auf. Der freigesetzte Wirkstoff gelangt aus dem Dünndarm ins Blut zur Leber. Von dort aus verteilt er sich mit dem Blutstrom in Deinem Körper.
Bestimmte Kapseln oder Tabletten, die Du in die Backentasche oder unter die Zunge legst, lösen sich rasch in Deinem Mund auf und setzen dort den Wirkstoff frei.
Die Aufnahme ins Blut erfolgt über Deine Mundschleimhaut. Durch den kurzen Weg ins Blut tritt die Wirkung schnell ein, weshalb man diese Anwendungsform auch in Notfällen nutzt.
Medikamente zum Spritzen
Manche Medikamente kann man nicht über den Magen-Darm-Trakt aufnehmen, da sie dort abgebaut und wirkungslos würden. Vermeiden lässt sich dies zum Beispiel durch eine Spritze (Injektion). Darin befindet sich der in einer Flüssigkeit gelöste Wirkstoff.
Die drei wichtigsten Injektionswege sind:
- in die Vene (intravenös)
- in einen Muskel (intramuskulär)
- unter die Haut (subkutan)
Bei allen Wegen verteilt sich der Wirkstoff sehr schnell im Körper. Es gibt jedoch auch Unterschiede zwischen den Verabreichungsarten: Ein Medikament in die Vene oder unter die Haut spritzen darfst Du selbst, wenn Dich Dein Arzt vorher geschult hat. So können Menschen mit Hämophilie ihre Medikamente zu Hause und unterwegs anwenden und müssen nicht für jede Injektion zu ihrem Behandler fahren.
Spritze in die Vene
Bei einer Injektion in eine Vene gelangt der Wirkstoff direkt ins Blut. Dies ist der schnellste Weg, auf dem ein Medikament seine Wirkung entfalten kann. Daher nutzt man ihn zum Beispiel bei Notfallmedikamenten, die sofort wirken sollen.
Um ein Medikament in die Vene zu spritzen, meist in der Armbeuge, ist es nötig, vorher das Blut im Gefäß zu stauen. Dafür kannst Du eine enge Manschette um Deinen Oberarm legen, bis Du Deine Armvene deutlich siehst. Es erfordert etwas Übung, mit der Nadel das Blutgefäß zu treffen.
Für kleine Kinder und ihre Eltern kann daher ein Port-Katheter die Medikamentengabe erleichtern. Zudem kann häufiges Spritzen in die Vene zu Problemen führen, wenn sich zum Beispiel Narbengewebe bildet und sich die Vene verhärtet.
Spritze in den Muskel
Nur medizinisches Fachpersonal darf Spritzen in den Muskel verabreichen. Hier gibt es bestimmte Risiken, die man beachten muss: Die Nadel darf keine Blutgefäß oder Nerven treffen.
Als Injektionsstelle kommen große Muskeln am Oberarm oder Oberschenkel infrage. Typisch für diese Injektionsart sind zum Beispiel Impfungen. Bei Hämophilie ist es jedoch möglich, zahlreiche Impfstoffe statt in den Muskel unter die Haut zu spritzen. Dadurch lässt sich die Gefahr für eine Blutung und einen blauen Fleck (Hämatom) senken.
Spritze unter die Haut
Bei einer subkutanen Spritze injiziert man den Wirkstoff unter die Haut, genauer gesagt ins Unterhautfettgewebe (Subkutis). Besonders gut geht dies in eine Hautfalte, die sich mit den Fingern zum Beispiel am Bauch einfach zusammenschieben lässt.
Mit der Nadel stichst Du in die Hautfalte und musst bei dieser Injektionsart nicht nach einer genauen Stelle suchen, wie zum Beispiel bei der Spritze in eine Vene.
In der Regel kann man diese Injektionsart schnell lernen, sodass sich auch schon Kinder ihre Medikamente selbst verabreichen können. Dies ist für sie oft ein wichtiger Schritt für die Selbstständigkeit.
Der Wirkstoff wird aus dem Fettgewebe langsamer freigesetzt als bei einer Spritze in die Vene oder den Muskel. Daher ist diese Injektionsart besonders gut für Medikamente geeignet, die über eine längere Zeit wirken sollen.
Medikamente zum Inhalieren, Tropfen, Sprühen und Einführen
Manche Medikamente wendest Du genau dort an, wo Du die Beschwerden hast. Dazu gehören zum Beispiel Nasenspray für eine verschnupfte Nase, Augen- und Ohrentropfen, Lutschtabletten bei Halsschmerzen und Präparate für Haare oder Nägel.
Soll das Medikament direkt in der Lunge wirken, kannst Du einen Inhalator nutzen und den Wirkstoff mit der Atemluft aufnehmen (inhalieren). Zäpfchen oder Salben gibt es für die Anwendung über den After oder die Vagina. Sie können lokal wirken, oder ihre Wirkung im ganzen Körper entfalten.
Medikamente zur äußerlichen Anwendung
Zu dieser Gruppe gehören Salben, Cremes und Gele. Das kann zum Beispiel eine entzündungshemmende Salbe bei einem juckenden Hautauschlag oder einem Insektenstich sein. Meist wirken diese Präparate lokal. Es gibt jedoch auch medizinische Pflaster, deren Wirkstoff durch die Haut aufgenommen wird.
Sie können auf den ganzen Körper wirken. Vielleicht kennst Du Schmerzpflaster oder Nikotinpflaster zur Rauchentwöhnung.
Wie Du siehst, gibt es vielfältige Anwendungsformen. Manche Medikamente gibt es nur in einer Form, andere gibt es in mehreren Formen, je nachdem wo sie wirken sollen.
Wenn Du Probleme hast, große Tabletten zu schlucken, kannst Du in der Apotheke zum Beispiel nach einem Saft fragen. Oft gibt es Alternativen, damit jeder eine Anwendungsform findet, die für ihn persönlich möglichst angenehm ist.
Auch Hämophilie-Medikamente gibt es in unterschiedlichen Formen. Frage Deinen Behandler oder Apotheker, was es für Möglichkeiten für Dich gibt. Dies kann Dir dabei helfen, Deine Therapie an Deine persönlichen Vorstellungen und Wünsche anzupassen.
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Quellen:
Gesundheitsinformation.de, Herausgeber: IQWiG. (o. J.). Medikamenten-Anwendung.
Grafe, K. H. et al. (2011). Duale Reihe: Pharmakologie und Toxikologie. Thieme Verlag. Stuttgart, Heidelberg.
Kirschnick, O. (2009). Pflegetechniken von A–Z. Thiemes Pflege. Kapitel: Subkutane Injektion. Stuttgart, Heidelberg.
praktischArzt. Stand: 18.06.2019. Intramuskuläre Injektion – Anleitung, Durchführung, Risiken, Schäden. (02.01.2019)
M-DE-00006265