Mein Mitbewohner und ich sind von Anfang bis Ende Juli letzten Jahres von Bangkok über verschiedene Zwischenstopps nach Phuket gereist. Dabei haben wir versucht, möglichst die ganze landschaftliche Bandbreite von weißen Stränden bis zu dicht bewachsenen jungleartigen Gebieten mitzunehmen, die Thailand zu bieten hat.
Vorab sei gesagt, dass sich meine vorherige Reiseerfahrung auf Familienurlaube innerhalb Europas beschränkt hat. Somit war die Thailand-Reise, bis auf mal ein verlängertes Wochenende in England vor einigen Jahren, oder die ein oder anderen Wochenenden in den Niederlanden, dank Corona meine erste Reise, bei der ich ohne meine Eltern im Ausland war. Das stellte allerdings für meine Eltern eine wesentlich größere Herausforderung dar als für mich, da sie – darin erkennen sich bestimmt einige Eltern von hämophilen Kindern wieder – sämtliche Eventualitäten durchgegangen sind, was alles schief gehen könnte bezüglich des Handyempfangs im Ernstfall. Ganz zu schweigen von der medizinischen Versorgung bei Hämophilie, je nachdem, wo man gerade die Natur erkundet.
Fernreisen mit Hämophilie-Medikamenten
Da ich meine Prophylaxe im Falle einer Blutung noch mit einem Bedarfsmedikament supplementieren muss, habe ich, um keine eigene Reisetasche für die ganzen Verpackungen zu brauchen, die Glasbehältnisse aus den Pappverpackungen entfernt und einzeln in Tüten eingewickelt, damit sie den Flug überstehen. Das entspricht zwar nicht der Empfehlung des Herstellers, aber in dem Fall war es mir wichtiger, den Platz zu sparen.
Die Temperaturen haben in der Zeit, in der wir da waren, zwischen 32 und 38 Grad geschwankt, was für die Verwahrung der Hämophilie-Medikamente natürlich nicht optimal ist. Um dem so gut wie möglich entgegenzuwirken, habe ich mehrere Kühlpacks mitgenommen, die ich in einer kleinen Kühltasche um die Medikamente herumplatziert habe, wenn wir von einem Ort zum anderen gereist sind und die Medikamente deshalb nicht im Kühlschrank verwahrt werden konnten.
Wer schon mal mit seinen Hämophilie-Medikamenten geflogen ist, weiß, dass einige Mitarbeitende beim Zoll ein bisschen schief gucken, wenn sie die Tasche aufmachen und vor sich Ampullen und Spritzbesteck sehen. Daher sollte man dringend daran denken, sich von seinen behandelnden Ärztinnen und Ärzten Bescheinigungen ausstellen zu lassen, die man auch im Ausland vorzeigen kann, um die Unterhaltung mit dem Zoll möglichst harmonisch zu gestalten.
Ein wichtiger Faktor ist natürlich, gerade wenn man mit Hämophilie A in ländlicheren Regionen unterwegs ist, auch das Verletzungsrisiko zu minimieren. In meinem Fall waren riskantere körperliche Aktivitäten aber leider sowieso vom Tisch, da ich mir einen Tag vor der Abreise zwei Nerven im linken Unterarm geschädigt habe und diesen infolgedessen nicht bewegen konnte. Das hat Unternehmungen, auf die ich mich sehr gefreut hatte, wie zum Beispiel Tauchen, leider einen Riegel vorgeschoben. Thailand gibt aber zum Glück sowohl kulinarisch als auch naturtechnisch mehr als genug her, sodass die motorische Einschränkung absolut nicht zu Langeweile geführt hat.
Thailand – auf jeden Fall eine Reise wert
Unsere Reise ist zeitlich in die Regenzeit gefallen, da mein Mitbewohner zuvor ein Auslandssemester in Südkorea gemacht hatte. Er ist dann direkt von dort aus nach Bangkok geflogen, was uns zeitlich eingeschränkt hat. Dementsprechend hatten wir uns schon darauf eingestellt, mit Mülltüten bekleidet durch literweise Niederschlag zu laufen. Als wir dann dort waren, stellte sich jedoch zum Leid der thailändischen Bevölkerung und zu unserem urlaubstechnischen Vorteil heraus, dass in diesem Sommer eine starke Dürre herrschte, wodurch wir abgesehen von einigen vereinzelten starken Schauern konstant blauen Himmel und Sonnenschein genießen durften.
Ich denke mit großer Freude an die Reise zurück, da ich – was die Natur betrifft – noch nie so wunderschöne weiße Strände gesehen habe. Wenn man mit dem Roller einen kleinen Roadtrip unternimmt und sich etwas von den Gegenden entfernt, in denen die meisten Hotels und Hostels liegen, hat man die Strände quasi für sich allein.
Je nach Wetterverhältnissen kam es zu ordentlichem Wellenaufkommen, was ich dort das erste Mal live erlebt habe und absolut für gut befunden habe. Ein weiteres riesiges Highlight waren für mich die Früchte, sowohl in essbarer Form als auch in Form von am Straßenrand angebotenen frisch mit Eis zubereiteten Fruchtshakes. Da diese nur zwischen ein bis zwei Euro gekostet haben, habe ich davon jeden Tag mindestens zwei inhaliert.
Ich hatte schon öfter von Freunden und Bekannten gehört, wie großartig Früchte in ihren Herkunftsländern schmecken. Das kann ich nun, nachdem ich es selbst ausgiebig getestet habe, nur nachdrücklich unterschreiben.
Insgesamt hat die Reise hämophilietechnisch sehr gut geklappt, und es gab keine besonderen Vorfälle, sodass ich eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus hätte aufsuchen müssen. Unter anderem deshalb habe ich Thailand quasi durchweg positiv in Erinnerung – abgesehen von einigen Kleinigkeiten, die entweder einfach ungewohnt waren oder aber nichts mit dem Land an sich zu tun hatten. Sehr ungewohnt war für mich der sehr ausgeprägte Servicegedanke z. B. des Hotelpersonals. Man hört ja manchmal Leute schimpfen, dass Deutschland eine Servicewüste sei. Da ich aber mein ganzes Leben hier gewohnt habe und es nicht anders kenne, waren mir beispielsweise die über alle Maßen engagierten Mitarbeiter am Hoteleingang, die extra noch einen 10-Meter-Sprint einlegen, um einem die Tür aufzuhalten, obwohl man selbst nur zwei Meter entfernt ist, ein bisschen unangenehm – auch wenn ich diese sehr aufmerksame Geste natürlich schätze.
Das einzige andere Manko waren andere europäische Touristen, von denen man öfter mitbekommen hat, dass sie sich dem Personal und den Einheimischen gegenüber sehr respektlos verhalten haben. Nichtsdestotrotz war dieser Monat Thailand bislang mein absoluter Lieblingsurlaub. Deshalb kann ich jedem, der die Zeit und die Möglichkeit hat, einen Besuch von mindestens drei Wochen nur sehr empfehlen – ob mit oder ohne Hämophilie. Dann hat man genug Zeit, sich die verschiedenen Facetten des Landes anzusehen und außerdem sind die Flüge im Verhältnis zu Unterkunft und Verpflegung recht teuer.
Falls Euch dieser kleine Reiserückblick gefallen hat, lasst uns das gerne über Instagram oder andere Wege wissen. Dann würde ich gerne meine Eindrücke von meinem anstehenden dreiwöchigem Mexiko-Aufenthalt, der dieses Jahr im Juli ansteht, mit Euch teilen.
Beste Grüße
Euer Jonah
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