Hallo liebe Leserinnen und Leser!
In dem ersten Teil dieses Beitrags habe ich Euch erzählt, wie schnell man an seinen Tiefpunkt geraten kann. In diesem werde ich Euch beschreiben, wie ich es geschafft habe, mich aus dieser Situation zu befreien. Dafür habe ich auch an meinem Umgang mit der Hämophilie A gearbeitet.
Viel Spaß beim Lesen!
Die Wende
Ihr erinnert Euch? Ich hatte Schwierigkeiten damit, mein Leben mit der Erkrankung zu akzeptieren und war entsprechend demotiviert. Das führte zu Problemen mit Familie, Freunden und natürlich auch der Schule.
Die Quittung kam postwendend:
Am Ende des Schuljahres bekamen wir unser Zeugnis ausgehändigt. Obwohl ich wusste, dass dieses Zeugnis nicht gut aussehen konnte, war ich schockiert, als ich es in der Hand hielt. Es bestand hauptsächlich aus Fünfen, ein paar sechsen und ganz wenigen Vieren.
Dazu kamen Fehlzeiten, die man sich kaum vorstellen konnte. Ein Drittel des gesamten Jahres war ich krank gewesen und in Arbeits- und Sozialverhalten hatte ich eine richtige miese Bewertung. Zu Hause angekommen gab es dann ein Riesenstreit wegen dem Zeugnis.
Ich ging einfach in mein Zimmer und fing an, ernsthaft nachzudenken. Ich dachte mir, es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
Entweder ich schmeiße einfach alles hin, gehe gar nicht mehr zur Schule, geschweige denn zur Arbeit, und werde einfach mein Leben lang bei meinen Eltern wohnen und alles um mich herum ignorieren. Oder ich wiederhole das Schuljahr, versuche so gut es geht zu bestehen und später damit einen guten Job zu ergattern.
Der erste Weg ist der einfache Weg. Der zweite Weg war jedoch der richtige Weg.
Mein Leben neu überdenken
Ich überlegte weiter. Was will ich später einmal erreichen? Wie soll mein Leben später einmal aussehen? Was ist mir wichtig im Leben?
Das war die erste Frage, auf die ich direkt eine Antwort hatte. Mir war es wichtig, später mal eine Familie zu gründen. Dieser Familie wollte ich dann auch etwas bieten können.
Also war für mich eigentlich klar, dass ich gar keine andere Wahl hatte, als mich endlich zusammenzureißen und das Schuljahr mit einer neuen Herangehensweise und mehr Motivation zu wiederholen.
Der erste Tag vom Rest meines Lebens
Als Vorbereitung auf das neue Schuljahr suchte ich mir einen Nebenjob, um ein bisschen Geld in der Tasche zu haben und selbstständiger zu werden. Mit meinem ersten Gehalt ging ich dann shoppen. Ich suchte mir einige Outfits, die zu meiner neuen Lebenseinstellung passten.
Allein das hat mich und mein Selbstbewusstsein extrem gestärkt. Da ich wusste, was mich in der Schule erwartete, bereitete ich mich bereits Wochen vorher darauf vor.
Ich achtete auf meine Ernährung und auf meine Gesundheit. Ging regelmäßig zum Arzt, um meinen Gesundheitsstatus zu überprüfen, und machte auch Sport, damit ich fitter wurde. All das fühlte sich wirklich extrem gut an.
Ich bin morgens aufgewacht, war fit und voller Energie. Allein der Start in den Tag war nicht vergleichbar mit früher. Ich fing auch wieder an, meine Freunde zu treffen und das Verhältnis zu ihnen und zu meiner Familie wurde immer besser. Dann kam der erste Schultag und ich war motiviert wie nie.
Allein durch meine neue Einstellung kam ich automatisch viel besser mit meinen Mitschülern klar. Natürlich gab es auch hier einige, mit denen ich nichts anfangen konnte, aber solche Leute wird es immer geben. In den ersten Klausuren schrieb ich nur Einsen und Zweien.
Ich sag Euch, das fühlte sich einfach verdammt gut an. Ich hielt mir immer wieder vor Augen, warum ich das alles eigentlich tue und mit jedem Tag fühlte ich mich darin bestätigt.
Das Ergebnis: Ich habe mich weiterentwickelt
Nun war es wieder soweit: Wir erhielten am Ende des Schuljahres unser Abschlusszeugnis. Ich schaute mir erst die Reaktionen meiner Mitschüler an. Einige freuten sich, andere wiederum hatten den gleichen leeren Gesichtsausdruck wie ich vor einem Jahr. Ich erinnerte mich ganz stark daran …
Dann schaute ich mir mein Zeugnis an und hatte ein unbeschreibliches Gefühl: Ich würde es nicht unbedingt als sehr schön oder so etwas in der Art beschreiben, sondern eher so, als hätte man ein Kapitel abgeschlossen und als wäre man heute ein anderer Mensch.
Ich erinnerte mich in diesem Moment an ein Zitat: „Es hat nichts Edles, sich seinen Mitmenschen überlegen zu fühlen. Wahrhaft edel ist, wer sich seinem früheren Ich überlegen fühlt.“ Mit diesem Zitat als ständigen Motivator und Begleiter habe ich weitergemacht.
Heute habe ich eine Frau, eine kleine Tochter, einen guten Job und auch ein schönes Auto.
Mein nächstes Ziel ist es, in den nächsten Jahren ein eigenes Haus zu bauen – ein großes Unterfangen, das mir aber sicher gelingen wird. Das alles erzähle ich nicht, um anzugeben, sondern um Euch etwas klarzumachen: Meine Geschichte ist kein Film, sondern pure Realität, die mir genau so passiert ist.
Ich hoffe daher, dass ich Euch damit ein wenig helfen und motivieren kann, Eure Ziele zu verfolgen und niemals aufzugeben.
Fuat hat weitere hilfreiche Tipps für das Leben mit Hämophilie A zusammengestellt. Wenn auch Du etwas in Deinem Leben ändern möchtest, findest Du hier Anregungen, wie Du Deine Vorsätze auch umsetzen kannst.
Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.
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