Papa hat Hämophilie – Wie erkläre ich es meinem Kind? 

Papa hat Hämophilie – Wie erkläre ich es meinem Kind? 

Ich bin Miriam und in diesem Beitrag erzähle ich Euch, wie mein Mann Rainer seinen Kindern die Hämophilie A erklärt hat.

Die Frage „Wie erkläre ich meinem Kind, dass ich Hämophilie habe?“ stellt sich wohl jeder Vater mit Hämophilie. Eine allgemeingültige Antwort gibt es leider nicht. Hier ist Kreativität gefragt. Jeder wird hier seine eigene Lösung finden, die für einen selbst und das Kind in Ordnung ist. 

„Den Kleber spritze ich mir“ 

Unser Sohn wollte mit ca. vier Jahren von Papa wissen: „Warum ist Dein Fuß kaputt?“. Rainer braucht einige Zeit, bis er aufstehen kann, wenn er sich hingesetzt hat. Das Fußgelenk „klemmt“ und er kann nicht sofort aufstehen und laufen.

Am Anfang meinte unser Sohn noch, den Fuß von Papa mit einem Spielzeugschraubenzieher aus Holz wieder reparieren zu können. Also schnell das Werkzeug aus der Spielzeugkiste geholt und mit ein paar Drehungen war die Sache mit Papas Fuß für ihn erledigt. Später hat er gemerkt, dass der Fuß trotz „Reparatur“ nicht in Ordnung ist.

Rainer hat ihm dann erklärt, dass er Bluter ist. Als er selbst ein Kind war, blieb das Blut zu lange im Gelenk und hat den Knorpel beschädigt. Unser Sohn wollte wissen, was ein Bluter ist. Die Antwort darauf: „Bei mir fehlt der Kleber, um die Wunde zu schließen. Den Kleber spritze ich mir.“  

Beim Spritzen zuschauen 

Am Anfang hat Rainer unseren Sohn vorher gefragt, ob er beim Zusammenbauen des Transfusionsbestecks dabei sein wollte und beim Spritzen zuschauen möchte. Er wollte. Allmählich wurde es für ihn immer normaler, Papa beim Spritzen zuzuschauen und dabei zu malen oder zu spielen. Mit der Zeit wuchs auch seine Wissbegierde. Deshalb hat er mit Papa Videos über Hämophilie angeschaut, die eine Patientenorganisation auf ihrer Website veröffentlicht hat. 

Ein Bilderbuch über Hämophilie 

Mehr interessiert hat ihn aber ein kleines Bilderbuch, das die Hämophilie erklärt. Es hat die Form eines Jungen und informiert darüber, was Hämophilie ist, wie sie behandelt werden kann und worauf man achten sollte. Die jeweils andere Seite des Buches zeigt einen Teil des Innenlebens unseres Körpers, angefangen bei Adern, Nerven, Muskeln bis hin zu Knochen und Gelenken. Oft hat er sich das Buch selbst genommen und die Bilder angeschaut.  

Ich hatte das kleine Bilderbuch bei einer Mitgliederversammlung einer Patientenorganisation gesehen und mitgenommen. Oft liegen bei solchen Veranstaltungen sehr informative und anschauliche Materialien aus, die man kostenfrei mitnehmen kann. Ich selbst informiere mich auch gerne mit diesen Materialien. Sie sind einfach und verständlich geschrieben und oft sehr schön illustriert. 

Dominosteine und ein fehlender Handwerker  

Für Rainers zwei Kinder aus erster Ehe (sie sind schon lange erwachsen) hatte er auch anschauliche Beispiele. Einem Kind hat er die Hämophilie anhand eines Dominospiels erklärt. Er hat Dominosteine aufgestellt und dann angestoßen. Die Steine fielen gleichmäßig einer auf den anderen. Für die Wundheilung bedeutet das, dass ein Faktor den anderen „anschubst“, damit die Wunde schließt. Dann hat er einen Stein weggenommen und die Steine wieder angestoßen. Nun kippten nur die vorderen Steine um und die anderen blieben stehen. Die Erklärung dazu: Fehlt ein Dominostein, also ein Faktor, schließt sich die Wunde nicht. 

Dem anderen Kind hat Rainer erklärt, dass Handwerker zur Wunde kommen. Sie sorgen dafür, dass die Wunde schließt. Bei ihm fehlt ein Handwerker, der Faktor VIII. Es müssen aber alle da sein, damit die Wunde geschlossen werden kann.  

Hämophilie kindgerecht erklärt 

Ihr merkt, bei jüngeren Kindern geht es mehr um anschauliche Beispiele aus dem realen Leben und weniger um medizinische Details. Je älter die Kinder werden, umso mehr verstehen sie. Dann kann man auch bei den Antworten detaillierter werden. 

Für unseren Sohn ist das markanteste Zeichen von Papas Hämophilie der „kaputte Fuß“. Ihm ist es öfters eine Nachricht wert. Inzwischen wissen deshalb auch die Nachbar:innen über Papas „klemmenden“ Fuß Bescheid. Ebenso hat er mehreren Polizist:innen in unserer Stadt unbefangen und ungefragt berichtet, wie Papas Fuß knackt. Mir scheint, er hat seine eigene Art gefunden, „Öffentlichkeitsarbeit“ über Hämophilie zu machen. 

Ich wünsche Euch, dass Eure Kinder genauso unbefangen mit der Hämophilie umgehen können, wie unser Sohn. 

Wie habt Ihr Euren Kindern Hämophilie erklärt? Welche Ideen hattet Ihr? Gerne könnt Ihr auch Eure Erfahrungen oder Gedanken dazu mit uns teilen. Wir freuen uns darauf. 

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.