Wir alle freuen uns, wenn die Weihnachtszeit endlich vor der Tür steht. Sei es die freien Arbeitstage, die vielen Geschenke oder das gute Essen. Aber selbst die schönen Weihnachtstage haben nicht nur ihre guten, sondern auch schlechte Seiten. Besonders als Hämophilie-Patient spürt man auch die Gefahren, die in der Weihnachtszeit lauern. Worin diese genau bestehen und was das alles mit der Hämophilie zu tun hat, möchte ich Euch in diesen Beitrag gerne erzählen. Viel Spaß beim Lesen!
Die Vorfreude machte mich nachlässig
Ich weiß nicht genau, woran das liegt, aber ich habe Weihnachten schon immer geliebt. Vielleicht liegt es daran, dass ich eine große Familie habe und wir diese Feiertage immer damit beginnen, dass wir in der Familie wichteln. Da hier Generationen aufeinanderprallen und keiner genau weiß, von wem er gezogen wurde und was für ein Geschenk er erhält, ist allein schon das Ziehen der Namen eine große Freude.
Dies machen wir natürlich bereits Wochen im Vorfeld, so dass wir auch genug Zeit haben uns Gedanken über die Geschenke zu machen und diese rechtzeitig zu besorgen. Auch wenn dies immer eine extrem große Herausforderung für uns alle ist, da man hier ja keine Wünsche äußern darf, so wissen wir alle, dass sich die Mühe am Ende immer lohnt. Zu Weihnachten gehört aber nicht nur das Wichteln und die damit verbundenen Geschenke, sondern auch das gute Essen, die freien Tage mit der Familie und auch die schöne Atmosphäre, die typisch für Weihnachten ist. Vielleicht ist es die Kombination all dieser Dinge, warum ich Weihnachten so sehr liebe.
Der Schnitt: Blutung bei Hämophilie A
Der Tag beginnt eigentlich immer damit, dass wir uns alle schick machen und uns bei meinen Eltern treffen. Die Wichtelgeschenke werden unter den Weihnachtsbaum gelegt und ich mache mich direkt auf dem Weg in die Küche. Natürlich nicht um zu essen, sondern um meiner Mutter zu helfen, das Essen vorzubereiten. Eigentlich gibt es bei uns immer einen Truthahn, der mit rotem Reis und Gemüse gefüllt wird. Das heißt, dass viel Gemüse mit einem großen scharfen Messer zerkleinert werden muss.
Lässt man da jetzt einen Bluter ran, der sowieso bekannt dafür ist, dass er extrem tollpatschig ist, passiert es natürlich ganz schnell, dass er sich schneidet. Genauso war es dann auch: Ich hatte mir in den Finger geschnitten. Normalerweise wäre das nur halb so schlimm. Das Problem war allerdings, dass ich vor lauter Freude auf den Tag vergessen hatte, mich zu spritzen. Also ging ich sofort nach Hause und bereitete mein Medikament vor, während ich die Wunde am Finger mit einem Tuch abdecke und hoffte, nicht zu verbluten.
Erste Hilfe mit Hämophilie-Medikamenten
Geübt wie ich war, habe ich meine Medikamente in kürzester Zeit vorbereitet. Ich krempelte meinen Pullover hoch und spritze mich in die gewohnte Stelle. Dabei stellte ich fest, dass ich die Vene nicht getroffen hatte, obwohl ich seit Jahren nie Probleme damit hatte. Also probierte ich es immer und immer wieder, bis ich irgendwann feststellte, dass es an der Kälte lag. Ich machte eine Pause und dachte kurz nach. Dabei fiel mir ein, dass ich als Kind sehr oft das Problem hatte, dass ich meine Vene nicht traf und es einige Tricks gab, die mir eventuell helfen konnten. Das Problem war nur, dass mein Finger die ganze Zeit über blutete. Als Erstes nahm ich meine Hände und tauchte sie in warmes Wasser. Während sich meine Hände und auch mein Körper erwärmten, färbte sich das Wasser rot. Ich nahm meine Hände wieder raus, wickelte ein Tuch um meinen Finger und versuchte, erneut die Vene zu treffen. Die Vene war zwar sichtbar jedoch stellte ich fest, dass ich die Vene durch das zu häufige Stechen erstmal vergessen konnte. Also musste eine andere Vene her.
Die Rettung: Die andere Vene
Selbst für einen Bluter ist es schwierig in eine neue Vene zu spritzen, da es genauso weh tut wie bei jedem anderen auch. Hinzu kommt noch, dass man die Vene nicht kennt, daher ist es auch sehr schwierig die Vene zu treffen. Zwei größere Venen waren sichtbar. Am Arm oder am Handgelenk, das auch in jungen Jahren schon meine zweite Option war.
Ich entschied mich für das Handgelenk und probierte mein Glück. Ich traf die Vene, fing an das Medikament in die Vene zu geben und stellte nach kürzester Zeit fest, dass die Fläche anschwoll. Das ist immer ein Zeichen dafür, dass man nicht in der Vene ist. Beim Bewegen des Handgelenks muss die Nadel verrutscht sein. Das bedeutete, dass ich die Vene auch vergessen konnte und ich immer noch blutete … Ich fing langsam an zu zweifeln und war kurz davor, ins Krankenhaus zu fahren. Aber wer will schon Weihnachten im Krankenhaus verbringen? Ich jedenfalls nicht! Also suchte ich mir eine andere Vene und probierte es ein allerletztes Mal. Nach langem Hin und Her traf ich die Vene endlich. Noch nie war ich so erleichtert darüber! Jetzt wusste ich, wie sich die Eltern fühlen, die bei ihren Kindern spritzen müssen.
Ende gut, alles gut!
Ich ging zurück zu meinen Eltern und Geschwistern und tat so, als wäre alles ohne Probleme gelaufen. Ich wollte die Weihnachtsstimmung eben nicht kaputt machen und sie unnötig beunruhigen. Die Blutung hörte dann auch endlich auf und wir gingen alle zusammen zu unseren Geschenken. Packten diese aus, genossen zusammen das Essen, was mich um ein Haar umgebracht hätte, und verbrachten einen schönen Weihnachtstag zusammen.
Wie Ihr seht, verletzt man sich meist genau an den Tagen, wo man am wenigstens damit rechnet. Die Feierstimmung lässt uns oft nachlässig werden und genau hier lauert auch die Gefahr! Wenn ich mir überlege, was mir mal am Silvester passiert ist … aber dazu in einem anderen Beitrag mehr. Ich wünsche euch frohe Weihnachten, schöne Feiertage und einen guten Rutsch. Passt auf Euch auf.
Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.
M-DE-00006265