Perioperatives Management bei Hämophilie A

Perioperatives Management bei Hämophilie A

Bei Dir steht ein Eingriff an, und Du fragst Dich, auf was Du dabei alles achten musst? Keine Sorge, heutzutage ist eine Operation auch für Menschen mit Hämophilie kein Problem mehr. Hier erfährst Du mehr über perioperatives Management bei mittelschwerer und schwerer Hämophilie A.

Operationen sind immer eine Herausforderung für den Körper – besonders die unter Vollnarkose. Für Menschen mit Hämophilie kommt zusätzlich noch die gestörte Blutgerinnung hinzu, die bei der Planung beachtet werden muss. Aber manchmal lässt sich eine Operation nicht vermeiden, z. B. wenn eine Extraktion der Weisheitszähne ansteht oder Du aufgrund von zu vielen Gelenkblutungen ein neues Kniegelenk benötigst. Zwar weisen Hämophile im Vergleich zu gesunden Menschen keine erhöhte Infektionsrate auf und haben eine ausgezeichnete Implantat-Überlebensrate1, aber sie benötigen mehr Vorbereitung: Eine exakte Planung der Gerinnungstherapie rund um den Operationstermin ist von äußerster Wichtigkeit bei Menschen mit Hämophilie A. 

Info

Der Begriff „perioperativ“ umfasst die Zeitspanne vor (präoperativ), während (intraoperativ) und nach (postoperativ) einer Operation.

Vorbereitung auf eine Operation 

Steht eine geplante Operation an, sollten frühzeitig alle beteiligten Ärztinnen und Ärzte mit ins Boot geholt werden. Dazu gehören die Fachbereiche der Chirurgie, Anästhesie und Hämostaseologie. Im Idealfall findet der Eingriff in einem Krankenhaus oder Zentrum statt, das Erfahrung mit Menschen mit Hämophilie hat und über ein Labor zur Gerinnungsdiagnostik verfügt.2 Sollte das nicht der Fall sein, ist es wichtig, dass die operierende Klinik und Dein Hämophilie-Zentrum in engem Austausch stehen. 

Zudem werden vermutlich vor der Operation noch einige Untersuchungen bei Dir durchgeführt, um Klarheit über die folgenden Fragen zu bekommen:2  

Um das Risiko von Komplikationen während der Operation zu vermeiden, sollten vorab auch folgende Fragen geklärt werden:2 

Das A & O: der Medikamentenplan

Ein gut durchdachter Medikamentenplan ist ein essenzieller Bestandteil für den Erfolg einer Operation bei einem hämophilen Menschen. Denn ohne muss mit schweren Blutungen gerechnet werden. Auch wenn Du normalerweise eine prophylaktische Therapie anwendest, kommt es natürlich bei einer Operation zu akuten Blutungen. Deswegen ist eine zusätzliche Gerinnungstherapie angezeigt. Abhängig davon, ob bei Dir Hemmkörper vorliegen, kannst Du entweder eine Substitutions- oder Bypass-Therapie bekommen.2,3  

Im Medikamentenplan sind neben dem Medikament, der notwendigen Dosis und den Verabreichungsintervallen auch die erforderlichen Laborkontrollen zur Beurteilung des Verlaufs sowie weitere eventuell relevante Maßnahmen, wie z. B. Schmerztherapie oder andere blutstillende Medikamente festgehalten. Patienten sollten idealerweise immer die Substitution erhalten, auf die sie eingestellt sind.2,4 

Info

Dieses Vorgehen ist nicht nur bei großen Operationen wichtig. Auch bei vermeintlich kleinen Zahnbehandlungen sind eine entsprechende Planung und Absprache mit allen beteiligten Ärztinnen und Ärzten notwendig.

Die richtige Gerinnungstherapie 

Die zusätzliche Gerinnungstherapie beginnt in der Regel kurz vor oder mit Einsetzen der Narkose und endet mit Abschluss der Wundheilung. Die genaue Dosis hängt von der Art und Größe der Operation sowie Deinem Körpergewicht ab. Sie wird für jeden Patienten individuell berechnet, da die pharmakokinetischen Parameter wie z. B. der Anstieg des Gerinnungsfaktors nach einer Medikamentengabe sowie die Halbwertszeit bei jeder Person individuell sind.  

Bei einer Substitutionstherapie ist das Ziel, die Faktor-VIII-Aktivität bei kleineren Operation, z. B. eine Zahnextraktion, auf ungefähr 30–50 Prozent zu bringen, während bei großen Operationen, wie einem Gelenkersatz, 100 Prozent angestrebt werden. 1 E eines Faktor-VIII-Präparats pro Kilogramm Körpergewicht erhöht die Aktivität um ca. 1 Prozent. So kann ausgerechnet werden, wie hoch die zu verabreichende Dosis sein sollte. Es wird mit einer hohen Dosierung des Medikaments gestartet, die nach dem Eingriff im Heilungsprozess schrittweise reduziert wird. Dabei werden Deine Gerinnungswerte immer engmaschig von einer Hämostaseologin oder einem Hämostaseologen überwacht und die Therapie gegebenenfalls angepasst.2-5

Auch bei Bypass-Produkten richtet sich die Dosis nach dem Körpergewicht. Nach der präoperativen Initialdosis reduziert sich entweder die Dosis oder die Behandlungsintervalle werden größer.6,7  

Nach der Operation

Als Mensch mit Hämophilie kannst Du nicht jedes Schmerzmittel nehmen. Das gilt es auch nach der Operation zu beachten. Ibuprofen, Diclofenac oder Aspirin solltest Du nicht einnehmen, da sie die Blutgerinnung beeinträchtigen. Paracetamol, Metamizol oder COX-2-Hemmer sind jedoch möglich. Bei sehr starken Schmerzen können auch Opioide – oral oder intravenös – zum Einsatz kommen.2 

Auch wenn venöse Thrombosen bei Hämophilen nur sehr selten vorkommen, kann das postoperative Risiko dennoch weiter reduziert werden, z. B. mit Antithrombosestrümpfen.2 

Checkliste Operation

Jede geplante Operation – egal wie klein oder groß – muss im Voraus gut mit allen Beteiligten des Behandlungsteams abgesprochen werden. Nur so können sich alle optimal vorbereiten. Aber auch Du musst Vorbereitungen treffen. Hier haben wir noch einmal kurz für Dich zusammengefasst, was Du perioperativ beachten solltest:8,9 

Vorbereitungen treffen:8

Das brauchst Du für die Aufnahme:9  

Diese persönlichen Dinge solltest Du für Deinen stationären Aufenthalt mitbringen:9 

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Quellen: 

1. Sikkema T et al. A comparison between the complications and long-term outcome of hip and knee replacement therapy in patients with and without haemophilia; a controlled retrospective cohort study. Haemophilia 2011; 17(2):300–303 
2. Lison S und Spannagl M. Perioperatives Management bei Patienten mit Hämophilie. Anaesthesist 2014; 63:6–15 
3. https://www.dhg.de/fileadmin/dokumente/sonderdrucke/Haemophilie.pdf, zuletzt abgerufen am 05.02.2024 
4. Klamroth, R. Operation und Hämophilie. Anaesthesist 2014; 63:5 
5. Scherer R. Anästhesie bei Patienten mit Störungen der Blutgerinnung. Die Anästhesiologie 2017
6. Gebrauchsinformation FEIBA 
7. Fachinformation NovoSeven 
8. https://www.anaesthesie-owl.de/fuer-patienten/wichtiges-zum-op-termin/, zuletzt abgerufen am 14.02.2024
9. https://www.operation.de/stationaere-operation-checkliste-und-tipps/, zuletzt abgerufen am 20.02.2024

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