Die Synovitis − eine Gelenkentzündung mit Folgen
Unter einer Synovitis bei Hämophilie versteht man eine Entzündung der Gelenkinnenhaut (Gelenkschleimhaut), der sogenannten Synovia, die nach einer Gelenkblutung entstehen kann. Eine Synovitis kann akut auftreten oder auch chronisch verlaufen. Wenn Du infolge von vermehrten Gelenkblutungen schon mehrmals eine Synovitis hattest, ist das Risiko für eine hämophile Arthropathie sehr hoch.
Damit Du keine bleibenden Gelenkschäden entwickelst, solltest Du Gelenkblutungen und die daraus entstehende Synovitis also möglichst vermeiden.
Der Kreislauf aus Blutung und Entzündung
Bei Hämophilie kann eine Synovitis durch die Einblutung, also durch freies Blut im Gelenk, ausgelöst werden. Aber wie genau?
Das Eisen im Blut spielt hierbei eine Hauptrolle. Wenn das freie Blut im Gelenk abgebaut wird, entsteht als Abbauprodukt Eisen. Das Eisen lagert sich in die Gelenkinnenhaut ab und es werden Entzündungen ausgelöst, indem sogenannte Zytokine (Botenstoffe) freigesetzt werden (Abb.1). Die Gelenkinnenhaut vergrößert sich (Abb.2).
Forschende nehmen an, dass die Entzündungsreaktion wiederum die Blutungsneigung erhöht und ein sich ständig wiederholender Kreislauf aus Blutungen und Entzündungen entsteht, der in einer hämophilen Arthropathie endet.
Symptome einer Synovitis
Wahrscheinlich kennst Du als Person, die von Hämophilie betroffen ist, die Anzeichen für eine Gelenkblutung. Es können Missempfindungen, Schwellungen, Schmerzen, eine Überwärmung, eine rötliche Verfärbung der Haut, Berührungsempfindlichkeit, Bewegungseinschränkungen oder auch Einschränkungen der Muskulatur auftreten.
Die Symptome einer Synovitis, die durch die Blutung entstehen, sind sehr ähnlich. Es ist nur schwer möglich, die Symptome einer akuten bzw. chronischen Synovitis von den Symptomen einer Blutung bzw. einer hämophilen Arthropathie zu trennen.
Wie wird eine Synovitis diagnostiziert?
Wenn Du mit Symptomen zu Deinem Hämophilie-Behandlungsteam gehst, werden sie Dich im Anamnesegespräch genau zu Deinen Beschwerden befragen.
Typische Fragen, die Dein Behandlungsteam Dir stellen wird:
- Wie häufig treten die Blutungen auf?
- Welche Gelenke sind betroffen?
- Seit wann und wie stark sind die Schmerzen, die Schwellung und/oder die Überwärmung?
- Hast Du Bewegungseinschränkungen?
- Hat sich Dein Gang verändert?
- Welche Therapie hast Du (On demand, Prophylaxe, Dosierung, Medikament)?
- Hast Du Deine Substitutionen dokumentiert?
(Wie viel Gerinnungsfaktor hast Du in einem Jahr verbraucht/Gibt es Phasen mit besonders hohem Faktorenverbrauch?) - Wie viele Fehltage hattest Du durch Gelenkbeschwerden in der Schule/Arbeit?
- Hast Du Einschränkungen im Alltag?
- Wie betreibst Du Sport (Art, Häufigkeit, Probleme, zusätzliche Faktor-Substitution)?
Danach folgt die körperliche Untersuchung, in der die Fuß-, Sprung-, Knie-, Hüft-, Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenke und die dazugehörige Muskulatur geprüft werden. Dein Behandlungsteam beurteilt so die Beweglichkeit der Gelenke, Achsabweichungen und die Kraft der gelenkumgebenden Muskelgruppen.
In der allgemeinen klinischen Untersuchung werden Deine Größe und Gewicht erfasst. Zusätzlich können sogenannte Scores zum Einsatz kommen, mit denen der Langzeitverlauf Synovitis-bedingter Veränderungen optimal festgehalten werden kann.
Außerdem wird Dein Behandlungsteam Dir Blut entnehmen und einige Werte messen, die auf eine Entzündung hinweisen können.
Info
Zur Diagnose „Synovitis“ sollte unter anderem Folgendes bestimmt werden:
Blutbild / Faktor VIII / Inhibitor von Faktor VIII / Leber- und Nierenwerte.Wenn Du eine akute Synovitis hast, könnten im Blut und Urin noch weitere Werte überprüft werden, die anzeigen, ob Knorpelschäden vorhanden sind.
Zu guter Letzt können apparative Untersuchungen Aufschluss über eine Synovitis geben:
- Mit der Ultraschalldiagnostik können bei Patienten mit Hämophilie akute Blutungen in die Gelenke und Muskeln gezeigt werden.
- Das konventionelle Röntgenbild kann Veränderungen im Gelenk im Verlauf zeigen.
- Die MRT sollte vor allem durchgeführt werden, um Gelenkveränderungen bei der hämophilen Arthropathie zu zeigen.
- Die Szintigraphie dient dem Nachweis einer Synovitis bei Hämophilie.
Synovitis verhindern – Therapieoptionen
Dein wichtigstes Ziel rund um die Synovitis bei Hämophilie sollte es sein, Gelenkblutungen bei Hämophilie A und damit eine Synovitis von vornherein zu vermeiden. Mit einer prophylaktischen Therapie kannst Du Gelenkblutungen verhindern oder zumindest reduzieren. Sprich Dein Behandlungsteam regelmäßig auf neue Therapieoptionen an!
Ist es zu einer Gelenkblutung gekommen, gibt es zur Behandlung einer akuten Synovitis folgende Therapieoptionen:
- Gabe von Faktor VIII
- Punktion
- Ruhigstellung
- Schmerztherapie
Bei einer chronischen Synovitis sollten erneute Blutungen in das Gelenk verhindert werden. Die folgenden Maßnahmen sind hierfür geeignet:
- Kontrolle des Talspiegels von Faktor VIII
- Parallel dazu Radiosynoviorthese (nuklearmedizinische Gelenktherapie)
- Entzündungshemmende Medikamente
- Physikalische Therapie
- Physiotherapie, Sporttherapie
- Verhaltensschulung
Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.
Quelle:
AWMF S2k Leitlinie Synovitis bei Hämophilie
M-DE-00011201