Mit Hämophilie bei Ärzt:innen und in der Notaufnahme – Einige Erfahrungen 

Mit Hämophilie bei Ärzt:innen und in der Notaufnahme – Einige Erfahrungen 

Ich bin Miriam und mein Mann Rainer hat schwere Hämophilie A. Nicht jedem:jeder Ärzt:in ist diese Erkrankung gut bekannt – was schon zu Schwierigkeiten geführt hat. In meinem neuen Beitrag berichte ich Euch von unseren Erfahrungen.

Arztbesuche mit Hämophilie

Für Menschen mit Hämophilie können medizinische Behandlungen mit Herausforderungen verbunden sein. Wir haben erlebt, dass Behandlungen wegen der Hämophilie-Erkrankung meines Mannes abgelehnt wurden oder es zu Einschränkungen in der Behandlung kam. Es gab aber auch positive Erfahrungen: Ärzt:innen außerhalb des Hämophilie-Zentrums, die bereit waren, eine Operation trotz Hämophilie durchzuführen. Ich möchte Euch mehr berichten über Arztbesuche mit Hämophilie.

Glück in der Notaufnahme 

Vor Jahren war Rainer in der Notaufnahme, weil er sich beim Verlegen des Parkettbodens mit einem Hammer die Zeigefingerkuppe tief eingerissen hatte. Da die Wunde sehr tief war, blutete sie sehr stark. Die Fingerkuppe musste schnell wieder mit dem Finger verbunden werden. Rainer konnte sich mit dem stark verletzten Finger nicht selbst spritzen. Deshalb nahm er das Notfalldepot an Medikamenten mit in die Notaufnahme der Uniklinik einer Nachbarstadt, um nach der Bandagierung des Fingers spritzen zu können. Zufälligerweise hatte ein befreundeter Arzt Dienst. Er wusste über Rainers Hämophilie Bescheid und behandelte ihn. Die Fingerkuppe wurde mit einem Spezialpflaster fixiert, geklebt und zum Schluss bandagiert. Für Rainers Bekannten kein Problem, obwohl damals noch eine Hepatitis C im Spiel war.  

Verwirrung in der Notaufnahme 

Das zweite Mal musste Rainer in die Notaufnahme, da wir Probleme mit dem Herzen vermuteten. Später stellte sich heraus, dass er sich die Schulter verzogen hatte. Der Schmerz hatte nur bis zum Herz ausgestrahlt.  

Er bekam damals jedoch Angst, da er zu diesem Zeitpunkt in einer Studie für ein neues Medikament war, und die vermeintlichen Herzprobleme traten direkt nach dem Spritzen des Studien-Medikaments auf. Zusätzlich spritzte er sich – aufgrund einer schweren Blutung – nach Absprache mit dem Hämophilie-Zentrum noch ein anderes Medikament in erhöhter Dosis.  

Bei der Aufnahme sagte er den Ärzt:innen, dass er Bluter ist, sich regelmäßig ein Blutgerinnungspräparat spritzt und an dieser Studie teilnimmt. Die Äußerung über die zwei Medikamente und die eventuellen Herzprobleme sorgte bei den Ärzt:innen für fragende Blicke. Letztendlich hat Rainer die Ärzt:innen gebeten, im Hämophilie-Zentrum anzurufen, wenn sie Fragen zu seiner Medikamenteneinnahme hätten. Das haben sie auch gemacht und nachdem alle Unsicherheiten aufgrund der Hämophilie beseitigt wurden, konnte die eigentliche Untersuchung durchgeführt werden. 

Positive Erfahrungen mit dem Zahnarzt 

Dafür waren die Erfahrungen beim Zahnarzt positiv. Der Zahnarzt, der die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen durchführte, hat aus der Hämophilie kein großes Thema gemacht. Er hat immer eine Betäubungsspritze gegeben, weil er meinte, dass mögliche Verletzungen bei der Untersuchung weniger bluten würden. 

Um die Weisheitszähne entfernen zu lassen, hat Rainer sich direkt an das Hämophilie-Zentrum gewandt. Dort arbeitet man in solchen Fällen mit Vertrauensärzt:innen in der nahegelegenen Zahnklinik zusammen.  

Tipp

Im Hämophilie-Zentrum nach Vertrauensärzt:innen oder Empfehlungen fragen. Dann erspart man sich unter Umständen unnötige Wege und Frustration. 

Keine Behandlung im Orthopädie-Zentrum 

Zwei weniger angenehme Erfahrungen hat Rainer dann doch noch machen müssen. Eine war mit einem Orthopädie-Zentrum. Rainer wollte sich wegen seiner Arthrose dort beraten und behandeln lassen. Dafür wollte er einen Orthopäden in der Nähe des Wohnortes als Ansprechpartner haben, damit er nicht ständig so lange zum Hämophilie-Zentrum fahren muss. Ihm wurde bereits am Telefon gesagt, dass im Zentrum keine Menschen mit Hämophilie behandelt werden. Nun ging es doch wieder zum Hämophilie-Zentrum, um dort mit einem Orthopäden zu sprechen. 

Probleme beim Augenarzt 

Der zweite Fall war bei einem Augenarzt. Rainer hatte ein Gerstenkorn am Auge. Das ist eine Entzündung am Augenlid. Dafür hatte er einen Augenarzt in der Nähe des Wohnortes aufgesucht. Dieser meinte, das Gerstenkorn sollte entfernt werden und der Eingriff wäre kein Problem. Es wurde ein Termin für die Operation vereinbart. Rainer hat mit dem Hämophilie-Zentrum abgestimmt, wieviel Medikament zu spritzen wäre, damit die Gerinnung für diesen Eingriff optimal ist. Am Tag der geplanten Operation weigerte sich der Arzt, den Eingriff durchzuführen. Er befürchtete Probleme mit seiner Versicherung, wenn etwas bei der Operation passieren sollte.  

Behandlung mit Diskussionen in der Augenklinik 

Immerhin hat der Arzt bei der Uniklinik in der dortigen Augenklinik angerufen, um einen neuen Termin für Rainer zu bekommen. Rainer wollte direkt in die Klinik und nicht erst auf einen Termin warten müssen. Es wirkte der Hinweis, dass er sein Medikament für die geplante Operation in großer Menge gespritzt hat, das Präparat teuer ist und von der Krankenkasse finanziert wird. Nun sollte er direkt in die Klinik kommen. Dort wollten die Ärzt:innen den Eingriff dann auch erst nicht durchführen. Zufällig kam dann ein Augenarzt vorbei, den Rainer vom Schwimmsport kannte. Dieser Arzt hatte sich dann bereit erklärt, die Operation durchzuführen, welche ohne Komplikationen verlief. 

Mit Augenproblemen direkt ins Hämophilie-Zentrum 

Jahre später kam das Problem mit dem Gerstenkorn wieder. Diesmal ist Rainer gleich zum Hämophilie-Zentrum. Sie haben mit der Augenklinik die Operation koordiniert und alles lief problemlos. 

Rainer hat für sich daraus die Lehre gezogen: Bei solchen Eingriffen am besten gleich zum Hämophilie-Zentrum und die dortigen Kooperationen mit Ärzt:innen und Kliniken nutzen. 

Das ist auch unser Tipp an andere Betroffene: Müsst Ihr aufgrund von OPs oder in Notsituationen zu anderen Ärzt:innen, solltet ihr wenn möglich am besten immer das Hämophilie-Zentrum kontaktieren und das Wichtigste absprechen. 

Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht? Schreibt sie uns, wenn Ihr möchtet und beschreibt Eure Arztbesuche mit Hämophilie!

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.