Zeit für ein Dankeschön – an die Mitarbeitenden in den Hämophilie-Zentren
Ärztinnen und Ärzte
Klar, da gibt es die Ärztinnen und Ärzte. Sie sind immer Ansprechpersonen bei den Terminen im Zentrum, am Telefon oder heutzutage auch per App. Sei es, dass mal wieder eine Verletzung vorliegt oder vielleicht eine Operation ansteht. Darüber hinaus sind sie einfach extrem wichtig in der Betreuung und auch bei der Besprechung der Behandlung und Behandlungsentscheidung. Da sind wir uns alle einig, ohne sie geht nichts.
Über die Erfahrungen, die man mit den einzelnen Ärztinnen und Ärzten macht, wird dann natürlich auch in der „Hämophilie-Community“ gesprochen. Wie ist die Betreuung in Zentrum A oder B, wo werden beispielsweise Operationen wie geplant, wie ist die Nachsorge, wie gut sind die Zentren an andere Fachabteilungen angebunden und vieles mehr. Ein wichtiges Thema in den letzten Jahren: Welche Behandlungsstrategien wurden besprochen, gerade weil es aktuell viele neue Therapieformen für die Hämophilie A gibt. Der Begriff „Shared Decision Making (SDM)“ ist da das Stichwort und wie Ihr an vielen Beiträgen hier bei Active A auch sehen könnt, hat das Thema heute eine große Bedeutung, was ja auch gut ist. Ebenso kann man heutzutage auf manchen Portalen Bewertungen nicht nur über Hämophilie-Zentren, sondern manchmal auch direkt über Ärztinnen und Ärzte lesen. Zum Teil sind diese Bewertungen natürlich mit Vorsicht zu genießen, weshalb eigene Erfahrungen immer wichtiger sind. Ich habe über die Jahrzehnte ehrlich gesagt nur gute Erfahrungen mit den Ärztinnen und Ärzten in Hämophilie-Zentren gesammelt.
Wer ist noch wichtig?
Aber was ist mit all den anderen Menschen, die auch im täglichen Ablauf in den Hämophilie-Zentren arbeiten und mit denen man dabei als Patient immer in Kontakt kommt? Was ist mit Krankenpflegerinnen und -pflegern, Medizinischen Fachangestellten und den Mitarbeitenden im Sekretariat? Über diese wird eher wenig bis gar nicht gesprochen, obwohl sie dennoch sehr wichtig für uns Patienten sind. Schade eigentlich!
Das Sekretariat
Warum sind diese Mitarbeitenden, die gar nichts mit der eigentlichen Behandlung zu tun haben, so wichtig? Häufig sind es sehr langfristig Angestellte, so zumindest meine Erfahrung. Vielleicht unter anderem deshalb, weil oft auch eine familiäre Atmosphäre in den Hämophilie-Zentren herrscht. So kennt man sich bei Anrufen im Zentrum direkt, die Mitarbeitenden im Sekretariat wissen sofort, wenn man anruft, wer man ist. Eine Durchsage von Wohnort und Geburtsdatum, um zugeordnet werden zu können, ist nicht nötig – man ist eben nicht einfach nur eine Nummer. Man muss daher vieles nicht erst erklären und so sind selbst in Notsituationen die Anrufe doch von einer beruhigenden Art. Man weiß einfach, dass einem schnell geholfen wird, oder wenn man eine längere Behandlung hat, dann weiß das Sekretariat auch direkt, dass man den Behandlungsverlauf besprechen möchte. Nicht immer so in Krankenhäusern oder bei Arztbesuchen, wenn man erst die Hämophilie erklären muss. Das verunsichert dann oft, einfach weil man nicht weiß, ob man auch richtig behandelt wird. Durch die familiäre Atmosphäre kommen dann manchmal auch Gespräche zustande, die gar nichts mit der Hämophilie A selbst zu tun haben. Fragen, wie es den Kindern oder den Eltern geht, was zum Beispiel die Ausbildung oder das Studium machen, sind keine Seltenheit und tragen dazu bei, dass man sich wohlfühlt.
Nichtärztliches medizinisches Personal
Kürzlich war ich bei einer Feier eines Hämophilie-Zentrums und da fiel mir auf, wie wichtig doch auch dieses Personal für uns Hämophile und Konduktorinnen ist. Dort wurde das gesamte Personal gewürdigt und aufgezeigt, welche Bedeutung alle Mitarbeitenden haben. Das fand ich richtig toll.
Ich traf eine Krankenpflegerin wieder, bei der ich vor über 30 Jahren das intravenöse Spritzen gelernt hatte. Muss man sich mal vorstellen! Welches Einfühlungsvermögen muss man haben, einem Kind die Angst vor den Spritzen zu nehmen? Wenn ich heutzutage jemandem erzähle, intravenös zu spritzen, kommt meistens immer die gleiche Antwort: „Das könnte ich nicht!“ Doch kann man, weil unter liebevoller Begleitung gelernt. Eine kleine Geschichte am Rande hierzu: Damals gab es ja kein Internet, wir wohnten ca. 250 Kilometer vom Hämophilie-Zentrum entfernt und meine Eltern hatten die Idee, die Termine im Hämophilie-Zentrum mit einem Urlaub zu verbinden. So konnte man morgens das Spritzen lernen, den Rest des Tages Urlaub machen und dann am nächsten Morgen wieder ins Zentrum. Geholfen bei der Unterkunftssuche hat uns die besagte Krankenpflegerin.
Mit dem nötigen Abstand zu damals schaue ich heute noch mal ganz anders auf die erwähnte Krankenpflegerin und auch die anderen Mitarbeitenden vor Ort, nicht nur was das Thema „Spritzen lernen“ angeht. Ich glaube, als Kind ist das einem gar nicht so bewusst, wenn man aber erwachsen ist, dann realisiert man, dass man durch diese Mitarbeitenden oft einen leichteren Besuch beim Hämophilie-Zentrum hatte. Denn wenn man ankam, wurde man direkt mit einem Lächeln begrüßt, die Angst wich vor der Blutabnahme, dem Spritzen oder auch dem eigentlichen Arztbesuch, bei dem ja manchmal auch nicht so gute Nachrichten auf einen warteten.
Über Jahrzehnte baut man dann ein freundschaftliches Verhältnis auf und beide Seiten freuen sich, wenn man sich gesund wiedersieht. Auch werden dann einfach mal private Dinge ausgetauscht, ob jetzt positiv oder negativ – es ist einfach schön, jemanden zum Reden zu haben.
Das sind alles Dinge, die man nicht unterschätzen darf. Das Wohlbefinden ist einfach ein wichtiger Faktor, um mit der Situation eine seltene Erkrankung zu haben, besser umgehen zu können. Dass man sich wohlfühlt, dafür sollte man also nicht nur der Familie sowie den Ärztinnen und Ärzten dankbar sein. Nein, auch alle, die sich drumherum um einen kümmern, sollte man berücksichtigen und ihnen danken für das, was sie alle jeden Tag leisten. Deshalb möchte ich hier gerne auch all diesen Menschen Danke sagen und glaube, dass alle Hämophile und Konduktorinnen so denken, auch wenn man vielleicht noch gar nicht so oft darüber nachgedacht hat.
Euer Sven
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