Mit Hämophilie in die Kita: Unterstützung durch eine Integrationskraft

Mit Hämophilie in die Kita: Unterstützung durch eine Integrationskraft

Ich bin Simone und mein kleiner Sohn Elian hat Hämophilie A. Er geht seit einiger Zeit in die Kita und wird dabei von einer Integrationskraft betreut. Mehr zum Antrag, den Herausforderungen und der Reaktion der Kita erfahrt Ihr in meinem neuen Beitrag.

Da man sich bei uns sehr zeitig und mit langem Vorlauf für einen Kitaplatz anmelden bzw. sich auf die Warteliste setzen muss, haben wir dies kurz nach Elians Geburt schon gemacht. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nichts von seiner Hämophilie A. Als wir dann die Diagnose erhalten haben, haben wir erfahren, dass Kinder mit Hämophilie ein Anrecht auf eine Integrationskraft in der Kita haben.

Antrag auf eine Integrationskraft

Im Januar erhielten wir dann die Zusage von unserer Wunsch-Kita. Die Kita ist eine ganz normale Kita, also keine integrative Kita. Bei der telefonischen Zusage erwähnte ich dann zum ersten Mal, dass Elian eine Integrationskraft benötigt und wir schon mit dem Landratsamt im Gespräch diesbezüglich sind. Normalerweise sollte schon direkt bei der Warteliste gesagt werden, dass das Kind eine Integrationskraft benötigt.

Der Antrag für eine Integrationshilfe muss beim Landratsamt gestellt werden. Dort wird entschieden, ob und in welchem Umfang eine Integrationshilfe erteilt wird. Sie wird komplett von der Eingliederungshilfe bezahlt. Mitte April hatten wir das Bedarfsermittlungsgespräch. Das war etwas befremdlich, da es einen „Standardfragebogen“ mit Fragen gab, die für uns gar nicht relevant waren. Zum Beispiel wurden wir gefragt, was Elians Lieblingsessen sei. Zu dem Zeitpunkt war er acht Monate alt, bei der Eingewöhnung in der Kita wäre er 14 Monate. Bis dahin verändert sich eh alles nochmal.

Auch fand ich es recht schwer, dem zuständigen Mitarbeiter begreiflich zu machen, was Elian genau hat und wie es sich auswirkt. Da er noch nie von Hämophilie gehört hatte, hat er einige Vergleiche zu anderen Krankheiten gezogen, die einfach nicht richtig waren. Auch die Fragen nach seiner Entwicklung waren seltsam, da die Hämophilie allein keine geistigen Einschränkungen verursacht.

Wir wissen nur von einer Familie 20 Minuten von uns entfernt, die eine Integrationskraft bei Hämophilie hatte. Ob es in unsere Gegend noch mehr hämophile Jungs gibt, weiß ich nicht. Man ist allerdings nicht verpflichtet eine Integrationskraft bei Hämophilie zu nehmen. Vielleicht gibt es auch einfach Eltern, die ihr Kind ohne Integrationskraft in die Kita bringen oder die Kinder sind in einem integrativen Kindergarten.

Der zuständige Mitarbeiter wollte außerdem wissen, wie viele Stunden wir die Integrationskraft benötigen. Da wir Elian nur vier Tage am Vormittag in die Kita schicken wollten, gaben wir 20 Stunden an. Das ist anscheinend auch die normale Stundenanzahl, die das Landratsamt genehmigt. Insgesamt hatte ich ein mulmiges Gefühl, ob ich unser Anliegen gut und verständlich rüberbringen konnte.

Aufklärungsbesuch in der Kita

Da die Kita noch nie von Hämophilie gehört hatte, beschlossen wir, dass die Leitung und ich uns im Mai zusammensetzen und besprechen, was Elian benötigt. Elian nahm ich zu dem Gespräch gleich mit. Zum einen sollte die Kitaleitung sehen, dass er keine körperlichen oder geistigen Einschränkungen hat und dass ich normal mit ihm umgehe. Zum anderen hatte ich auch keine Betreuungsmöglichkeit für den Tag.

In dem Gespräch habe ich sehr viel über Hämophilie A aufgeklärt. Was ist das für eine Erkrankung? Was kann schlimmstenfalls passieren? Was ist im Fall der Fälle zu tun? Wie läuft seine Prophylaxe ab? Wir haben auch besprochen, was die Integrationskraft leisten muss. In unserem Fall muss es keine medizinische Fachkraft sein. Im Prinzip kann ihn jeder betreuen, der es sich zutraut und verantwortungsvoll mit ihm umgeht. Die Kita bestand allerdings auf 24 Wochenstunden, da gerade während den Abhol- und Bringzeiten sehr viel Betrieb ist und sie zu den Zeiten zwingend eine Unterstützung brauchen. Daher habe ich nach dem Gespräch dem Landratsamt geschrieben, dass wir doch gerne 24 statt 20 Stunden hätten.

Die Kita war positiv überrascht, wie locker ich alles erzählte, und ich denke, ich konnte ihnen auch etwas die Angst nehmen. Wir hatten Glück, dass unsere Kita eine pädagogische Hilfskraft an der Hand hatte, die sich die Betreuung von Elian zutraute. Somit hatten wir keine Probleme, eine geeignete Kraft zu finden.

Aktuell suchen wir eine Integrationskraft für den Kindergarten. In diesem gibt es keine Hilfskraft, und wir suchen jetzt zusammen über Mundpropaganda eine geeignete Kraft und wissen Stand jetzt nicht, ob wir rechtzeitig eine finden werden.

Letzte Hürden und Vorbereitungen

Ende Mai/Anfang Juni erhielten wir die Genehmigung für 20 Wochenstunden. Nach einem Gespräch mit dem Landratsamt hieß es, wir müssen offiziell Einspruch einlegen. Somit kontaktierten wir das Hämophilie-Zentrum und auch das sozialpädiatrische Zentrum (hier waren wir zur Kontrolle nach Elians Geburt) und baten um eine Bestätigung, dass Elian zwingend die komplette Zeit eine Eins-zu-eins-Betreuung benötigt. Zum Glück wurden im Juli die 24 Wochenstunden genehmigt. Wir saßen nämlich schon auf heißen Kohlen, da die Kita Elian nur nehmen würde, wenn die Stunden genehmigt werden.

Mit der Kita vereinbarten wir das nächste Gespräch Ende Oktober, also kurz bevor die Eingewöhnung im November startete. Bei diesem Gespräch war nicht nur die Leitung, sondern auch alle Erzieherinnen von Elians Gruppe anwesend. Somit konnte ich alle nochmal über Hämophilie aufklären und alle Fragen beantworten, die noch aufgekommen sind. Die Integrationskraft hatte in der Zwischenzeit den Vortrag der DHG zum Thema „Hämophilie im Kindergarten und Schule“ besucht und stellte dadurch sehr spezifische Fragen. Ich finde es super, dass die Integrationskraft bereit war, sich diesen Vortrag anzuhören und auch viele Fragen stellte. Später hat sie sich dann auch diverses Infomaterial von der DHG besorgt. Unter anderem auch Bücher, wie man Hämophilie kindgerecht erklären kann.

Vorkehrungen für den Notfall

Bei diesem Gespräch vereinbarten wir auch, dass ein Notfallmedikament in der Kita bleiben wird, damit im Ernstfall ein Notarzt auch das Medikament verabreichen bzw. die Kita es dem Notarzt mitgeben kann. Je nachdem, was passiert, ist es schneller, wenn direkt der Krankenwagen kommt, als dass ich erst zur Kita und danach mit Elian ins Krankenhaus fahre.

Auch einen Notfallplan gab ich der Kita an die Hand: Im Prinzip eine Auflistung, bei welchem „Unfall“ oder Auffälligkeit wie gehandelt werden sollte. Zum Beispiel kühlen, beobachten oder auch Rücksprache mit uns Eltern halten. Ebenfalls liegen der Notfallausweis, ein kleines Erste-Hilfe-Set und die Namen der Medikamente in der Kita bereit. Zusätzlich vereinbarten wir, dass die Kita mir Bilder per WhatsApp schicken darf, damit ich zum Beispiel einen blauen Fleck beurteilen kann.

Mit diesen Vorbereitungen fühlte sich die Kita sicher, und uns war es wichtig, dass die Kita alles hat, was sie braucht, um sich mit einem guten Gefühl auf das Abenteuer „Hämophilie in der Kita“ einzustellen.

Alles läuft super

Die Eingewöhnung im November lief zum Glück reibungslos ab. Elian hat schnell Vertrauen zu seiner Integrationskraft gefunden, und die Erzieherinnen gehen alle super mit ihm um. Sie verstehen, dass sie ihm Freiraum lassen müssen, damit er sich ganz normal entwickeln kann, aber auch schützend da sein. Elian liebt die Kita und geht jeden Tag gerne hin.

Wenn ich Elian morgens bringe, erwähne ich kurz, wo er blaue Flecken hat und wenn ich ihn wieder abhole, erzählt mir die Kita, ob er hingefallen ist bzw. ob ich etwas beobachten sollte. Schnell bekam die Kita auch eine Art Routine und traut sich bei kleinen blauen Flecken zu, selbst zu entscheiden, ob sie meine Einschätzung brauchen oder nicht. Bis auf kleinere blaue Flecken ist bisher auch nichts passiert. Meiner Meinung nach haben die Erzieherinnen den großen Vorteil, dass sie „normale“ Kinder als Vergleich haben. Diesen Vergleich haben wir nicht. Wir wissen also nicht, wie sich ein Sturz bei einem gesunden Kind auswirkt.

Mein Tipp: Schon früh nach einer Integrationskraft suchen

Im Dezember hatten wir ein erneutes Gespräch mit dem Landratsamt, um zu schauen, ob alles so in Ordnung ist. Im Rahmen dieses Gesprächs äußerte ich den Wunsch, dass wir Elian gerne jeden Tag in die Kita bringen würden und somit mehr Stunden benötigten. Diese mussten wir schriftlich beantragen und haben sie dieses Mal problemlos genehmigt bekommen.

Generell möchte ich mit diesem Beitrag sagen, dass man sich definitiv rechtzeitig um eine Integrationskraft kümmern sollte. Bei uns ging es ca. ein halbes Jahr. Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hätte, wenn wir erst noch eine Kraft hätten suchen müssen.

Auch finde ich es wichtig, offen und ehrlich mit der Kita zu sprechen sowie alle Wünsche und Bedenken ernst zu nehmen. Gemeinsam findet man eine Lösung, die für beide Parteien funktioniert.

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