Wie ich von der schweren Hämophilie A meines Sohnes erfuhr

Wie ich von der schweren Hämophilie A meines Sohnes erfuhr

Mit 35 Jahren und einer traumhaften Schwangerschaft kam er – Niklas – endlich zur Welt. Völlig unbelastet von jeglichen Lasten feierten wir eine fröhliche Taufe, als Niklas ein gutes halbes Jahr alt war. Niemand erahnte, was uns in der Zukunft erwarten würde.

Da er sich mit allem anderem außer Krabbeln beschäftigte, also auch überhaupt nicht seine Füße kennenlernen wollte, holten wir Unterstützung bei einer Kinder-Physiotherapeutin, die letztendlich unsere jahrelange Begleitung wurde. Sie war es, die uns darauf hinwies, dass es alles andere als normal sei, wenn sich unser Sonnenschein riesige Hämatome in der Größe von 20 cm zuzog. Wir sollen uns doch bitte dringendst beim Kinderarzt vorstellen und außerdem damit rechnen, der Misshandlung beschuldigt zu werden.

Es wurde ihm Blut am Finger entnommen, um schnellstmöglich Leukämie ausschließen zu können. Wir waren sehr erleichtert, dass die Leukämie ausgeschlossen werden konnte und man schickte uns mit dem Rat nach Hause, die kleine Schnittstelle am Finger zehn Stunden zu beobachten: Falls sie nicht aufhören würde zu bluten, sollten wir unverzüglich in die Kinder-Uniklinik in unserer Nähe fahren.

Ein kleiner Schnitt hörte nicht auf zu bluten

Und so kam es dann auch. In der Klink wurde ihm gleich wieder Blut abgenommen und wir durften erst mal nach Hause, um am nächsten Tag wieder vorstellig zu werden. Ab diesem nächsten Tag sollte sich unser Leben komplett verändern. Wir bekamen ein Gespräch in der Gerinnungsambulanz, wo uns so schonend wie möglich beigebracht wurde, dass unser Sohn eine Gerinnungsstörung hat. Eine schwere Hämophilie A mit weniger als 1 Prozent Faktoraktivität.

Während wir noch unter Schock standen, wurde Niklas hauptsächlich auf innere Blutungen untersucht. Angst wurde unser größter Feind. Was, wenn er schon Hirnblutungen hatte, Nierenblutungen oder sonst etwas Lebensbedrohliches? Wie konnte man ein Baby schützen? Würde er überhaupt die Lebenserwartung eines Erwachsenen erreichen? Würde er uns wieder weggenommen werden, bevor wir ihn richtig ankommen lassen konnten? Wir waren am Boden zerstört.

Einfühlsame Ärztin und andere Betroffene waren große Hilfe

Unserer einfühlsamen Ärztin haben wir es zu verdanken, dass wir aus unserer Verzweiflung heraus wieder etwas Licht sehen konnten. Sie setzte sich dafür ein, den Kontakt zu einer Familie mit einem zweieiigen Zwillingspärchen zu knüpfen, von denen der eine Junge auch Hämophilie hatte, ganz in unsere Nähe, nur ein Jahr älter als unserer. Plötzlich waren wir nicht mehr allein und durften gleich ein paar Tage später vorbeischauen.

Bei dem Besuch traf ich nicht auf einen kleinen Jungen, der mit Ritterrüstung ausgestattet war und auch nicht mit Helm. Er war weder mit Hämatomen übersät, noch hatte er irgendwelche Verformungen. Er war ganz normal, ein ganz normales Kleinkind, das mithilfe von seinen Händen an Fenstersimsen entlang tapste.

Der erste Stein fiel vom Herzen. Nun galt es die zweite große Hürde zu bezwingen: Großeltern, Paten und Freunde mussten informiert werden. Für mich persönlich war es noch viel schwerer, andere davon zu überzeugen, dass man stark ist, wobei man sich doch eigentlich ganz schwach fühlt.

Zunächst erlebt man tiefe Bestürzung und versucht andere zu trösten – aber letztendlich erfährt man doch auch selbst große Unterstützung.

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.