Skiurlaub mit Hämophilie A

Skiurlaub mit Hämophilie A

Ich bin Markus und wer mich kennt weiß, dass ich gerne sportlich unterwegs bin – auch mit Hämophilie A. Und jetzt ist es so weit: Seit 35 Jahren mache ich mal wieder richtige Skiferien! Doch manchmal kommt es anders, als man denkt …

Da ich seit drei Jahren wieder Ski fahre und viel Freude daran habe, waren letztes Jahr in der Woche vor Weihnachten Skiferien geplant: Wir waren vom 17.  bis zum 22. Dezember 2023 in Zermatt mit dem allbekannten Matterhorn. Gerne nehme ich Euch mit auf unsere Reise.  

Vorbereitungen auf die Skiferien 

Da Zermatt autofrei ist, haben wir beschlossen mit der Bahn anzureisen. Das ist mit dem Gepäck zwar etwas aufwändiger, aber nervenschonender und sogar günstiger.  

Als Hämophiler muss ich neben den üblichen Sachen natürlich auch an meine Therapie denken und diese mitnehmen. Hier mal meine Packliste: Notfallpackung Faktor VIII, Entzündungshemmer, Magenschoner sowie die üblichen Medikamente gegen Kopfschmerzen, Erkältung etc. 

Dazu kommt natürlich noch alles, was man für einen Skiurlaub so braucht: Schneeschuhe, Ski, Skischuhe, -brille und -helm mit entsprechender Hose, Jacke und Handschuhen. Und weil ich gerne aktiv bin, auch noch meine Tanzschuhe, meine Wanderschuhe und eine Kamera für tolle Aufnahmen. 

Anreise und Einleben

Alles ist gepackt. Vor der Abfahrt spritze ich mir noch schnell mein prophylaktisches Medikament. So muss ich mich während unseren Ferien keine Gedanken über einen genügend hohen Gerinnungsfaktor machen. Meine Tochter bringt mich mit dem Auto zum Bahnhof und los gehts. Ich fahre von Langnau im Emmental nach Bern, wo meine Freundin Karin wartet. In Visp heißt es umsteigen in den Zug, der Richtung Zermatt fährt.  

Da in Zermatt keine normalen Autos fahren, erreicht man das Hotel oder andere Ziele in Zermatt zu Fuß, mit dem Elektrobus oder mit den lustigen kleinen Elektroautos. Auch die Feuerwehr, Polizei, Abfallentsorgung etc. haben solche Fahrzeuge.  

Unser Zimmer ist noch nicht bezugsbereit, daher platzieren wir das Gepäck im Hotel und machen zu Fuß eine Runde durch Zermatt. Immer wieder haben wir das Matterhorn im Blick. Es gibt allerlei zu sehen: uralte Häuser, die fast zusammenbrechen, oder welche, die wunderschön renoviert sind, sowie moderne Neubauten und riesige Hotelgebäude. Nach unserem Spaziergang konnten wir das Zimmer beziehen: Gepäck verstauen, Ski und Skischuhe finden ihren Platz im Skikeller. Die Ferien können starten! 

Nach dem Essen haben wir uns in die Bar begeben. Mit Freude haben wir festgestellt, dass Livemusik gespielt wird: Ein Paar aus Italien macht die ganze Woche wirklich coole Musik. Da ein guter Boden zum Tanzen vorhanden war und auch genügend Platz zu Verfügung stand, haben wir gefragt, ob wir tanzen dürften, was mit Freude bejaht wurde. So haben wir ein paar Jive, Cha-Cha-Cha und Rumba getanzt. Meine Fußgelenke halten mit der prophylaktischen Therapie auch länger durch. Allerdings kann ich nun schwerer abschätzen, wann ich aufhören sollte, da vorher meine Knie „Stopp“ gesagt haben. Mit den künstlichen Gelenken habe ich diesen natürlichen Regler nicht mehr. Das Tanzen war ein super Abschluss für einen tollen Starttag. Auf dem Zimmer haben wir noch gesagt: „Besser kann es nicht sein: Fünf Tage Ski fahren und am Abend auch noch eine Tanzmöglichkeit!“ 

Erster Skitag und Knieprobleme 

Da wir nicht wussten, wie viele Leute auf der Piste bzw. an den Liften/Bahnen sein würden, sind wir früh zum Frühstück und gleich auf die Rothornbahn. Die Talstation der Bahn ist nur einige Meter von unserem Hotel entfernt. Das Wetter war wunderbar und die Menschen haben sich auf dem riesigen Skigebiet super verteilt. Der Schnee war griffig und die Temperatur angenehm. Wir haben die ersten Abfahrten richtig genossen. Dazwischen eine kurze Kaffeepause und weiter ging es. 

Gegen 12:30 Uhr haben wir beschlossen, nicht bereits am ersten Tag von meinen Gelenken und Muskeln alles zu fordern und den ersten Skitag langsam abzuschließen. Deshalb sind wir nochmal mit der Gondel auf den Rothorngipfel und zur breiten Piste gefahren. Ich war vorne und habe nach der Traverse auf Karin gewartet. Ich habe gesehen, wie sie locker angefahren kam und habe noch gedacht, dass sie langsam bremsen sollte. Sie war nicht sehr schnell, hat aber die Geschwindigkeit nicht reduziert und ist während dem Fahren abgesessen. „Mir tut das Knie weh“ waren ihre ersten Worte. Nach einiger Zeit war sie wieder auf den Beinen, ist ein paar Meter gefahren und hat gesagt, dass sie keine seitliche Stabilität im Knie hat. 

Da es nicht besser wurde, bin ich zur Bergrettung gefahren und habe die Position von Karin durchgegeben. Ein Retter ist vom Rothorn mit dem Rettungsschlitten losgefahren und ich bin nochmals mit der Bahn raufgefahren und habe die beiden verfolgt. Der Rest ist schnell erklärt: Karin wurde im Rollstuhl per Bahn runter nach Zermatt gefahren. Von dort aus ging es zum Notfallarzt, der ein Röntgenbild vom Knie gemacht hat. Ich bin mit den Skiern runtergefahren und hab per Zufall bei der Talstation Karin getroffen, ihre und meine Ski gepackt und ins Hotel gebracht. Dann bin ich zum Arzt, der Karin versorgt hat.  

Ihr seht, man muss keine Hämophilie haben, um sich zu verletzen. Das kann jedem passieren. Wichtig ist, dass man aufmerksam fährt und auf seinen Körper hört

Zeit für Wellness und Spazieren in Zermatt

Unser Hotel hat eine große und wunderschöne Wellness- und Fitnessanlage. So haben wir die letzten wettertechnisch nicht mehr so tollen Tage mit Erholung verbracht. Etwas Spazieren, Kaffee und Kuchen, Schwimmen, Sprudeln, Sauna, Dampfbad und etwas Fitness hat unsere Zeit wie im Fluge vergehen lassen. 

Die Heimreise und das Knie-MRT

Die Heimreise hat gut geklappt. In Bern haben wir den MRT-Termin wahrgenommen.  Das Resultat ist nicht so toll: Kreuzband und Meniskus defekt. So ein Mist. Die weitere Behandlung wird nun von Spezialisten noch abgeklärt und später wird entschieden, ob operiert werden muss oder was passieren soll. 

Mein Ferien-Resümee

Ich war 40 km auf Skiern unterwegs, wir haben (einmal) getanzt, sind einige Kilometer spaziert und geschwommen und haben eine wunderschöne Gegend besser kennen gelernt. Dank meiner Prophylaxe muss ich weniger Medikamente mit in den Urlaub nehmen, brauche mir in der Zeit keine Gendenken wegen der Lagerung/Kühlung machen und ich fühle mich einfach sicherer.  

Der Umstand mit Karins Knie war wirklich doof, aber so was kann immer und überall in jeglichen Situationen passieren. Ich hoffe, dass wir möglichst bald wieder tanzen gehen können und natürlich auch alle anderen Tätigkeiten wieder ohne Einschränkungen durchführen können. 

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.

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