Anfänge der Hämophilie-Behandlung
Auch wenn Hämophilie bereits seit der Erstbenennung von Dr. John Conrad Otto 1803 bekannt ist: Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein hatten Kinder mit Hämophilie lediglich eine Lebenserwartung von 13 bis 19 Jahren. Seitdem hat die Forschung jedoch enorme Fortschritte gemacht und ermöglicht Dir heute ein weitgehend normales Leben mit einer normalen Lebenserwartung.
Damals bekamen Kinder nur in akuten Fällen eine Transfusion – meist eine Vollblutspende von Verwandten. Nachdem man das Fehlen von Faktor VIII als Ursache für die Gerinnungsstörung bei Hämophilie A identifiziert hatte, ging man in den 1950er-Jahren zu Plasmatransfusionen über. Diese wurden nur eingesetzt, wenn es schon zu Blutungen gekommen war, da dafür große Mengen benötigt wurden. Als Folge schränkten schwere Gelenkschäden die Lebensqualität erheblich ein.
Info
1965 gelang Dr. Judith Graham Pool ein teilweise dem Zufall geschuldeter Durchbruch:
Sie entdeckte, dass Rückstände beim Auftauen von Plasma besonders reich an Faktor VIII sind. Hochkonzentriertes und damit effektiveres Faktor-Konzentrat stand somit zur Verfügung.
Selbstbehandlung in der Hämophilie-Therapie
Seit den 1970er-Jahren können Patienten sich das Medikament selbst spritzen, statt stundenlange Infusionen über sich ergehen zu lassen. Ein großer Nachteil: Anfangs war zur Herstellung der Präparate noch menschliches Spenderblut nötig. Dadurch konnten auch schwere Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis übertragen werden – in Deutschland infizierten sich damals etwa 4.000 Betroffene.
Das änderte sich erst in den 1980er-Jahren, als es gelang, Faktor VIII mittels biotechnologischer Verfahren herzustellen. Die Therapie erforderte zwar regelmäßiges Spritzen des Medikaments, meist mehrmals wöchentlich, jedoch wirkt sie prophylaktisch.
Frühere Faktorpräparate dagegen wurden erst bei akuten Blutungen gegeben, was zwangsläufig zu Folgeschäden führte.
Innovative Therapien zur Verbesserung der Lebensqualität
Bis vor kurzem gab es in der Hämophilie-Therapie das Problem der Hemmkörper-Bildung: Durch die dauerhafte Zufuhr von nicht-körpereigenem Faktor VIII produzieren etwa 30 Prozent der Betroffenen Antikörper gegen den künstlichen Faktor VIII- sogenannte Hemmkörper, die die Wirkung von Faktor VIII verringern oder sogar aufheben.
Bislang mussten Hemmkörper durch eine aufwendige Immuntoleranztherapie (ITT) beseitigt werden. Seit 2018 steht alternativ auch die nicht-faktorbasierte Therapie zur Verfügung.
Ein weiteres Forschungsfeld zur Verbesserung der Lebensqualität, das in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat, ist die Gentherapie: Hierbei wird eine funktionierende Version des bei Hämophilie A defekten Gens in den Körper eingeschleust. Dieser kann den fehlenden Faktor dadurch idealerweise selbst produzieren.
Wie sieht es heute aus?
Wie auch immer Deine Therapie konkret aussehen mag, es ist vieles in Bewegung und es passieren immer neue Entwicklungen. Es lohnt sich immer, Augen und Ohren offen zu halten und vor allem mit Deinem:Deiner Hämophilie-Behandler:in im Gespräch zu bleiben.
Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.