Eine Reise der Liebe – Lebensqualität mit schwerer Hämophilie

Eine Reise der Liebe – Lebensqualität mit schwerer Hämophilie

Wenn ich zurückblicke auf den Tag, an dem wir während der Schwangerschaft die Diagnose erhielten, dass unser Sohn mit schwerer Hämophilie leben wird, erinnere ich mich an das Gefühl der Ungewissheit und Sorge, das mich überkam.

Schwere Hämophilie ist eine seltene genetische Erkrankung, die unser Leben und das unseres Umfeldes auf vielfältige Weisen beeinflusst hat. Während wir heute im täglichen Umgang mit der Hämophilie unseres Sohnes unsere Erfahrungen sammeln und in vielen Situationen entspannter sind, war die Frage, die wir uns von Anfang an stellten: Wie können wir die bestmögliche Lebensqualität für unser Kind und uns sicherstellen? In diesem Beitrag möchte ich Erfahrungen und Erkenntnisse als Eltern eines Kindes mit schwerer Hämophilie teilen. Außerdem möchte ich Euch erzählen, wie wir gelernt haben, die Lebensqualität trotz der Herausforderungen dieser Erkrankung zu bewahren und zu fördern.

Was ist Hämophilie und wie betrifft sie unser Leben?

Hämophilie ist eine erbliche Blutgerinnungsstörung, bei der das Blut nicht ausreichend gerinnt. Dies führt dazu, dass unser Kind ein erhöhtes Blutungsrisiko hat, insbesondere in den Gelenken und Muskeln. Unbehandelt kann bereits bei geringfügigen Verletzungen oder ohne ersichtlichen Grund eine Blutung auftreten. Das bedeutet für uns, dass wir einen Weg finden und unseren Sohn im täglichen Umgang vor Verletzungen schützen müssen, ohne dabei ihn und seine Entwicklung oder seine Lebensqualität einzuschränken.

Die Diagnose einer schweren Hämophilie brachte eine Fülle von Fragen und Ängsten mit sich. Würde unser Kind ein normales Leben führen können? Würden unsere eigenen Bedürfnisse und somit unsere Lebensqualität stark eingeschränkt sein? Schaffen wir es, die emotionale Belastung zu meistern? Wir lernten sehr schnell und früh, dass Hämophilie eine Herausforderung und Umstellung darstellt. Im gleichen Zuge akzeptierten wir, dass unser Sohn mit der Krankheit lebt und diese ein Bestandteil von ihm und uns ist. Also nehmen wir die Hämophilie täglich wie einen guten Kumpel mit auf unsere Reise. Liebe und Engagement für unser Kind wurden stärker und wir begannen, die Bedeutung von Lebensqualität in einem neuen Licht zu sehen.

Unsere Pflicht als Eltern: Bildung und Vorbereitung!

Eine der wichtigsten Lektionen, die wir als Eltern eines Kindes mit schwerer Hämophilie gelernt haben, ist die Bedeutung von Bildung und Vorbereitung. Sobald die Diagnose gestellt war, begannen wir uns intensiv mit der Erkrankung auseinanderzusetzen. Wir hielten immer engen Kontakt zu Ärzten, Spezialisten und anderen Betroffenen, um ein umfassendes Verständnis für Hämophilie zu entwickeln. Dies half uns, die besten Entscheidungen für die Gesundheit und Sicherheit unseres Kindes zu treffen.

Der richtige Umgang mit Hämophilie erfordert ein gewisses Maß an Fachwissen. Wir mussten lernen, wie wir Anzeichen von Blutungen erkennen und behandeln können, wann es den Einsatz von gerinnungsfördernden Medikamenten bedarf und am wichtigsten, wie wir Verletzungen vermeiden können. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um unserem Kind eine normale Entwicklung zu ermöglichen und seine Lebensqualität zu erhalten. Wir mussten Experten für Hämophilie werden, und dieses Wissen verlieh uns ein Gefühl der Kontrolle und Sicherheit.

Lebensqualität durch Prävention und Vorsicht

Ein entscheidender Aspekt der Lebensqualität für ein Kind mit schwerer Hämophilie liegt in der Prävention. Wir mussten von Anfang an sicherstellen, dass unser Zuhause und unser Umfeld sicher gestaltet sind, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Das bedeutete, unsere Mitmenschen durch die richtige Kommunikation im Umgang mit der Erkrankung aufzuklären, unser Zuhause mit rutschfesten Teppichen abzusichern und Spielzeuge auszuwählen, die keine potenziellen Gefahren darstellten. Wir mussten uns bewusst sein, wie und wo unser Kind spielt und dabei immer darauf achten, mögliche Risiken zu minimieren.

Dies bedeutet nicht nur, sich auf das physische Umfeld zu konzentrieren. Unser Kind durfte schon immer Kind sein – mit dem Dreirad die Treppenstufen runterfetzen, eine ordentliche Kissenschlacht mit Papa auf dem Sofa samt waghalsiger Sprunginszenierungen, mit anderen Kindern auf dem Trampolin hüpfen – also alles, was uns innerlich schön anspannt und 1000 Tode sterben lässt. Risiken minimieren bedeutet für uns an der Stelle, einfach in der Nähe zu sein und eingreifen zu können. So lernen wir alle zusammen, wie weit wir gehen können und schaffen Raum für die Lebensqualität.

Die regelmäßige Pflege unserer Umgebung wurde zu einem Teil unseres täglichen Lebens. Das bedeutet: Wir stellen jeden Tag sicher, dass unser Kind jederzeit Zugang zu seiner Notfallmedikation hat, falls eine Verletzung oder spontane Blutung auftritt. Wir schaffen im Umfeld eine Atmosphäre des Vertrauens und der Kommunikation, in der unser Kind sich sicher fühlen kann.

Die Balance zwischen Schutz und Freiheit

Wenn wir hier von Lebensqualität sprechen, dann ist sicherlich eine der größten Herausforderungen, denen wir als Eltern im Umgang mit schwerer Hämophilie gegenüberstehen, die Balance zwischen Schutz und Freiheit zu finden.

Unser Wunsch ist es, dass unser Kind – so wie jedes andere gesunde Kind – toben, Abenteuer erleben und in Zukunft eine Sportart ausüben kann. Bei Sport sind wir altersbedingt noch nicht angekommen. Wir ermutigen aber unser Kind körperlich aktiv zu sein. Hier darf er selbst Grenzen setzen und uns Signale senden. Wie zuvor beschrieben, bleiben wir eng an der Seite, sollte doch mal der Überzwerg mit ihm durchgehen. Wir sind hier auch immer in enger Abstimmung mit seinen Ärzten und dem Hämophilie-Zentrum.

Gemeinschaft und Unterstützung

Die Reise mit unserem Sohn und seiner schweren Hämophilie ist oft auch cool. So fanden wir schon immer Unterstützung in der Gemeinschaft von Menschen, die den gleichen Herausforderungen gegenüberstehen. Man lernt nicht nur spannende Charaktere kennen, sondern ich bin auch immer wieder beeindruckt, wenn ich klasse Ratschläge von Kleinkindern bekomme, was im Alltag zu tun ist. Der Austausch mit anderen Eltern und Kindern mit schwerer Hämophilie half uns, besser vorbereitet zu sein und Entscheidungen bezüglich unseres Kindes besser treffen zu können. Wir traten früh „Hämophilie-Gruppen“ bei, in denen wir nicht nur Gleichgesinnte trafen, sondern auch Zugang zu Ressourcen und Informationen erhielten. Dies half unserem emotionalen Wohlbefinden. Denn es half uns zu verstehen, dass wir nicht allein waren und dass es Lösungen und Strategien gab, um die Lebensqualität für uns und unser Kind zu verbessern.

Mein persönlicher Abschluss

Was haben wir bisher auf unserer Reise gelernt? Lebensqualität hängt von unserer Fähigkeit ab, Herausforderungen anzunehmen und zu überwinden. Wir haben gelernt, dass Bildung und Vorbereitung im Umgang mit Hämophilie von entscheidender Bedeutung sind. Unser Sohn hat uns gelehrt, dass Lebensqualität nicht nur darin besteht, die Krankheit zu bewältigen, sondern auch darin, das Leben in vollen Zügen zu genießen und kostbare Momente zu schätzen. Durch ihn hat sich unsere Perspektive auf das Leben vertieft. Für uns haben wir gelernt, dass Liebe und Hingabe die Grundlage für die Lebensqualität unseres Kindes sind.

Die Reise der Elternschaft mit einem Kind mit schwerer Hämophilie ist zweifellos anspruchsvoll, erfüllend und lehrreich. Sie erinnert uns immerzu daran, dass das Leben trotz der Herausforderung schön und kostbar ist. Für die Lebensqualität unseres Sohnes versuchen wir jeden Tag die besten Eltern zu sein, die wir sein können!

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