Clouds

Rückzug aus dem Leistungssport

In einem meiner letzten Beiträge habe ich davon geschrieben, wie viel und wie gerne ich Sport mache. Und jetzt wähle ich für diesen Blogartikel den reißerischen Titel: „Rückzug aus dem Leistungssport“. Wie soll das zusammenpassen? Lasst mich das in Ruhe erklären.

Ich habe das Gefühl, dass ich gerade an einem Wendepunkt im Leistungssport angekommen bin, an dem ich wegen meiner Gelenksituation jetzt noch die Möglichkeit habe, die Dinge in die richtige Richtung zu lenken. Wenn ich das nicht tue, riskiere ich wahrscheinlich in Zukunft nur noch wenig Sport machen zu können oder schnell mein belastetes Gelenk operieren lassen zu müssen.

Meine aktuelle Sport- und Gelenksituation

Nun aber erst einmal der Reihe nach. Ich bin, wie Ihr vielleicht wisst, begeistert von Sport. Sport ist für mich nicht nur ein unglaublich schönes Hobby, sondern gibt mir darüber hinaus die Möglichkeit, ausgeglichener und gesünder zu leben. Bis vor Kurzem bestand meine Woche noch aus mindestens 3-mal Tanztraining, 3-mal Fitnessstudio sowie 2-mal Ausdauersport, und ich war über dieses Pensum sehr glücklich. Nun lebe ich aber schon mein halbes Leben mit einer hämophilen Arthropathie im linken Sprunggelenk, die sich durch Gelenkeinblutungen in der Kindheit und Jugend entwickelt hat. Mir wurde schon damals von intensiver sportlicher Betätigung über einen langen Zeitraum eher abgeraten. Im Alter von 16 Jahren konnte ich mit meinem „kaputten“ Fußgelenk gerade einmal eine Stunde durch die Stadt gehen, bevor mir das Gelenk wehtat. Eine für mich große Einschränkung der Lebensqualität und ich dachte mir schon damals, dass das so nicht weitergehen kann.

Dann habe ich den Sport für mich entdeckt, unter anderem das lateinamerikanische Tanzen, was ich heute noch mit meiner Tanzpartnerin betreibe. Wir beide sind unterwegs auf Wettbewerben in ganz Deutschland und anders als mir es meine damaligen Ärztinnen und Ärzte immer gesagt haben, hat gerade die starke und regelmäßige sportliche Aktivität meinem Fußgelenk gutgetan. Durch den Aufbau von Muskulatur um das Gelenk wurde dieses entlastet, was zu einer deutlichen Reduktion von Schmerzen geführt hat. Mittlerweile kann ich große Wanderungen von mehreren Stunden machen, ohne dass mir mein Fuß am Abend wehtut. Trotzdem ist damals in der Kindheit ein bleibender Schaden im Sprunggelenk entstanden, der sich über die Jahre nicht verbessert hat.

Meine rebellische Jugendzeit

Wie das als Jugendlicher so ist, möchte man sich am besten so wenig wie möglich um seine Gesundheit kümmern, denkt, dass man unzerstörbar ist und möchte einfach normal sein. Da ich zu diesem Zeitpunkt auch gut eingestellt war und meine Schmerzen im Fußgelenk durch den Leistungssport weniger wurden, habe ich die Nachsorge von meinem Sprunggelenk vernachlässigt und mich bis letztes Jahr nicht wirklich um meine Gelenksituation gekümmert.

Meinem Gelenk ging es in dieser Zeit nie wirklich schlecht, und zum Glück kam es zu keiner großen Gelenkeinblutung in dieser Zeit, was auch meiner guten Prophylaxe zu verdanken ist. Trotzdem gab und gibt es immer mal wieder „schlechte Tage“, wie ich sie nenne, an denen mein Sprunggelenk nicht so richtig rund läuft. Ich habe auch bemerkt, dass es speziell nach intensiver sportlicher Betätigung auch zu Schmerzen im Gelenk kam und immer wieder kommt.

Ich habe mir jedoch nichts weiter dabei gedacht. Ihr müsst Euch vorstellen, dass ich diese Schmerzen schon seit einem Alter von ca. 10 Jahren habe. Irgendwann nimmt man das Ganze nicht mehr so wahr bzw. verdrängt es und findet sich mit dem aktuellen Stand ab. Da ich 2024 einen neuen Behandler bekommen habe, war es mitunter auch seine Idee, den Fall noch einmal neu aufzurollen und zu schauen, was sich hier noch alles verbessern lässt. Hier habe ich zum ersten Mal seit 10 Jahren wieder eine MRT-Aufnahme (MRT=Magnetresonanztomographie) von meinem Sprunggelenk machen lassen und man erkannte, dass sich tatsächlich noch eine Synovitis im Gelenk befindet und dass die Degeneration des Knorpels weiter da ist. Dass immer noch eine Synovitis im Gelenk ist, die mittlerweile dann wahrscheinlich chronisch ist, hat mich schon ein wenig überrascht und den ein oder anderen Stein ins Rollen gebracht.

Meine Ziele für die Zukunft

Die Synovitis sollte natürlich bekämpft werden und wie es der Zufall wollte, habe ich zu diesem Zeitpunkt von einer sogenannten RSO (Radiosynoviorthese) gehört. Dabei wird eine radioaktive Substanz ins Gelenk injiziert, die die Entzündungszellen abtötet. Diese Behandlung habe ich nach mehrfacher Empfehlung von Betroffenen sowie Ärztinnen und Ärzten im März 2025 durchführen lassen. Was der Eingriff für mich gebracht hat, könnt Ihr in einem anderen Blogbeitrag lesen. Viel berührender waren allerdings die Gespräche, die ich in diesem Zuge mit Betroffenen führen durfte, die schon mehrere RSOs bei sich haben machen lassen. Hier waren Menschen in meinem Alter oder 10 Jahre älter dabei, die tatsächlich schon ein künstliches Sprunggelenk bekommen haben. Das hat mich sofort in eine Schockstarre verfallen lassen. Plötzlich kamen mir Gedanken in den Kopf, dass ich mit einem künstlichen Sprunggelenk nicht mehr meinem geliebten Sport nachgehen kann. Diese Gedanken sind natürlich übertrieben und die Menschen, mit denen ich sprechen durfte, haben mir auch gesagt, dass sie nach wie vor gerne Sport machen und das auch mit einem künstlichen Gelenk möglich und sehr wichtig ist. Dennoch habe ich Angst davor, irgendwann in eine Situation zu kommen, in der der Weg des Gelenkersatzes unvermeidbar ist. Und ich habe natürlich auch Angst davor, wie die Operation verlaufen wird. Zu der Zeit, in der ich diese Artikel schreibe, sind diese Ängste vielleicht zu übertrieben. Ich werde und muss in Zukunft noch mit mehr Betroffenen ausführlich über diese Option sprechen. Dennoch ist mir klar geworden, dass ich mein natürliches Sprunggelenk so lange wie möglich erhalten möchte und mein oberstes Ziel bei all meinen, auch sportlichen Betätigungen ist, stets die Gesundheit zu fördern.

Mein Kompromiss: Sport in Maßen

Leistungssport steht oft in der Kritik ab einem gewissen Grad nicht mehr unbedingt gesundheitsfördernd zu sein. Ich glaube, dass da der Tanzsport nicht ganz so schlimm ist. Dennoch muss man festhalten, dass es durchaus anspruchsvoll ist, z. B. 5-mal pro Woche zu trainieren und am Wochenende auf Wettbewerbe zu fahren. Hinzu kommen noch die anderen sportlichen Ergänzungen wie Kraft- und Ausdauertraining. Die Tatsache, dies alles mit einem bereits von hämophiler Arthropathie betroffenen Sprunggelenk zu machen, ist vielleicht nicht die beste Idee. Versteht mich nicht falsch. Ich möchte durchaus weiter tanzen, das ein oder andere Mal im Jahr auf ein Turnier gehen und weiterhin gelenkschonende Sportarten wie Fahrradfahren und auch Kraftsport in Maßen betreiben. Ich glaube jedoch, dass der intensive Leistungssport nicht gut für mein angeschlagenes Gelenk ist. Ich habe hoffentlich jetzt noch die Möglichkeit, etwas für den Erhalt meines Gelenks zu tun und meine mir lieb gewonnen Sportarten noch lange auszuüben. Ich denke, dass ich hier die richtige Entscheidung getroffen habe. Als ehrgeiziger Mensch, der viele sportliche Ziele hat, fällt mir das aber momentan alles andere als leicht.

Mein Fazit

Ich denke, es ist wichtig, wie bei vielen Dingen im Leben das richtige Maß zu finden. Gerade wir als chronisch erkrankte Menschen haben ein besonderes Bewusstsein für Gesundheit, welches auch in meinem Fall ganz klar als Vorteil auszulegen ist. Uns ist es durch unsere Erkrankung bewusst, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist und dass wir es oft selbst in der Hand haben, unsere Gesundheit in eine positive Richtung zu bewegen. Trefft diese Entscheidungen jedoch nicht leichtfertig und lasst Euch intensiv von Expertinnen und Experten sowie anderen Betroffenen in einer ähnlichen Situation beraten. Das hilft ungemein.

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.

M-DE-00026728