Über Hämophilie A

Über Hämophilie A

Hämophilie A ist eine angeborene Blutgerinnungsstörung. Früher wurde sie oft als „Bluterkrankheit“ bezeichnet. Das Wort „Hämophilie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet Blutungsneigung: Menschen mit Hämophilie A bluten länger als gesunde Menschen.

Was ist Hämophilie A?

Hämophilie ist eine angeborene Blutgerinnungsstörung, oft auch „Bluterkrankheit“ genannt. Das Wort „Hämophilie“ kommt aus dem Griechischen (haima = Blut, philia = Neigung) und bedeutet Blutungsneigung. Menschen mit Hämophilie kommen mit einem Defekt der Blutgerinnung auf die Welt, wodurch sie schneller und länger bluten als andere Menschen. Hämophile bilden einen von mehreren Blutgerinnungsfaktoren zu wenig oder gar nicht, wodurch ihr Blut langsamer gerinnt.

Blutgerinnungsfaktoren sind hauptsächlich von der Leber gebildete Eiweißstoffe, die wichtig für die Blutstillung und den Wundverschluss sind.

Da die Blutgerinnung nicht vollständig abläuft, werden Wunden nicht fest verschlossen – weshalb auch kleine Verletzungen bei Hämophilie-Patienten zu schweren Blutungen führen können. Bei einer schweren Hämophilie kann es zu Spontanblutungen kommen.

Das sind Blutungen, die ohne äußere Einflüsse in Organen, Muskeln und Gelenken entstehen. Unbehandelt kann eine Hämophilie lebensbedrohlich sein. Heutzutage gibt es zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten, die betroffenen Personen ein aktives Leben und eine nahezu normale Lebenserwartung ermöglichen.

An Hämophilie A erkranken fast ausschließlich Männer – etwa einer von 5.000 männlichen Neugeborenen kommt mit dieser Krankheit zur Welt.

Stand: März 2020

Ursachen der Hämophilie A

Die Hämophilie A gehört zu den genetischen Erkrankungen. Das bedeutet, dass ihre Ursache auf einen genetischen Defekt zurückzuführen ist – im Fall der Hämophilie A liegt ein Fehler im Gen für den Gerinnungsfaktor VIII vor. Dieser Fehler kann von Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden. Solche Veränderungen können aber auch aus noch unbekannten Gründen spontan entstehen, dies nennt man dann Neu-Mutation‎. Häufiger wird das defekte Gen bei einer Hämophilie jedoch von der Mutter auf die männlichen Nachkommen übertragen. Hämophile Väter geben das Gen immer an ihre Töchter weiter. Frauen sind allerdings in der Regel klinisch gesund oder weisen nur eine milde Hämophilie auf. Warum das so ist, wird in unserem Beitrag zur Vererbung näher beschrieben.

Vererbung der Hämophilie A

Wie genau funktioniert das mit der Vererbung? Und warum sind Männer häufiger betroffen als Frauen? Das alles erfährst Du in unserem Beitrag über die Vererbung der Hämophilie A.

Blutgerinnung

Die Blutgerinnung ist ein sehr wichtiger Prozess im Körper. Sie verhindert, dass Menschen bei einer Verletzung zu viel Blut verlieren und sorgt für einen festen Wundverschluss. Im Beitrag „Blutgerinnung“ erfährst Du alles, was Du zu diesem Thema wissen solltest.

Störung der Blutgerinnung bei Hämophilie

Bei der Hämophilie ist die Blutgerinnung gestört und Blutungen dauern länger an oder sind stärker. Im Falle der Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII oder er ist in nicht ausreichender Menge vorhanden. Das kann im schlimmsten Fall zu Gelenkschäden bei den Patienten führen. Mehr Informationen dazu findest Du im Beitrag „Störung der Blutgerinnung bei Hämophilie A“.

Symptome der Hämophilie

Die möglichen Symptome sind abhängig vom Schweregrad der Hämophilie A. Bei manchen Patienten verursacht sie kaum Symptome, bei anderen führt sie zu blauen Flecken, Spontanblutungen oder Gelenkschmerzen. Mehr zu den Symptomen erfährst Du im Beitrag.

Diagnose der Hämophilie

Besteht ein Verdacht auf Hämophilie – entweder weil bei dem neugeborenen Kind gehäuft blaue Flecken auftreten oder weil die Hämophilie bereits in der Familie bekannt ist –, sollten bestimmte Blutuntersuchungen durchgeführt werden. So kann festgestellt werden, ob eine Gerinnungsstörung vorliegt und wenn ja, welche. Mehr zu den Diagnoseverfahren erfährst Du im Beitrag.

Formen der Hämophilie

Je nach defektem Gerinnungsfaktor wird die Hämophilie in unterschiedliche Formen eingeteilt. Ist der Gerinnungsfaktor VIII (FVIII) betroffen, handelt es sich um eine Hämophilie A.

Bei der verminderten Bildung von Faktor IX (FIX) spricht man von einer Hämophilie B. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erbgutveränderung vererbt wurde oder spontan entstanden ist. Beim Von-Willebrand-Syndrom (VWS) ist der Von-Willebrand-Faktor (VWF) defekt.

Bei allen Formen kann die Blutgerinnungskaskade nicht vollständig ablaufen.

Einteilung der Hämophilie

Über Hämophilie A

Hämophilie A kommt fünf- bis sechsmal häufiger vor als Hämophilie B.

Wenn Du mehr über die Gerinnungsstörungen Hämophilie B und das Von-Willebrand-Syndrom erfahren möchtest, dann lies Dir unsere Beiträge zu den Themen durch.

Hämophilie A mit Hemmkörper

Etwa jeder dritte Patient, der eine Faktor-VIII-Ersatztherapie bekommt, entwickelt im Laufe seines Lebens Hemmkörper. Das sind Eiweiße (Antikörper), die vom körpereigenen Immunsystem als Reaktion auf den als Medikament gegebenen Faktor VIII gebildet werden. Hemmkörper binden an Faktor VIII und blockieren seine Funktion. Faktormedikamente wirken dadurch weniger oder gar nicht mehr.

Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die stattdessen infrage kommen. Bei einer schweren Hämophilie kommt es deutlich öfter zur Bildung von Hemmkörpern als bei einer leichten Form.

Erworbene Hämophilie

In seltenen Fällen ist eine Hämophilie nicht die Folge einer Erbgutveränderung. Die erworbene Hämophilie ist nicht von Geburt an vorhanden, sondern entwickelt sich im Laufe des Lebens.

Das Immunsystem bildet Antikörper gegen den körpereigenen Blutgerinnungsfaktor, weshalb er seine Funktion nicht mehr erfüllen kann. Man nennt sie auch Anti-Faktor-VIII-Antikörper. Ursache können eine Autoimmunerkrankung, bestimmte Krebserkrankungen oder Erkrankungen, die die Blutbildung betreffen (lymphoproliferative Krankheiten) sein.

Weitere Blutgerinnungsstörungen

Es gibt noch andere Erkrankungen der Blutgerinnung. Sie unterscheiden sich auch in der Art und Weise, wie sie vererbt werden von der Hämophilie A.

Gerinnungserkrankungen aufgrund von Faktormangel werden anhand des jeweiligen Faktors eingeteilt:

Schweregrade der Hämophilie A

Hämophilie A kommt in unterschiedlichen Ausprägungen vor. Je nach Stärke der Blutungsneigung unterscheidet man drei Schweregrade: Die leichte, mittelschwere oder schwere Hämophilie. Die Schwere der Erkrankung hängt davon ab, wie sehr die Aktivität des Faktors VIII verringert ist. Je geringer die Restaktivität ist, umso langsamer gerinnt das Blut.

Ist eine erhöhte Blutungsneigung kaum oder nur nach Operationen und schweren Verletzungen zu bemerken, spricht man von einer Subhämophilie. Manchmal wird sie auch mit der leichten Form einer Hämophilie zusammengefasst. Bei einer leichten Hämophilie haben die Patienten meist kaum Beschwerden im Alltag.

Bei einer mittelschweren Hämophilie kommt es nur selten zu spontanen Blutungen ohne einen erkennbaren Grund. Die Blutungen nach einer Verletzung oder einer Operation halten länger an als gewöhnlich.

Bei einer schweren Hämophilie können schon leichte Stöße schwere Blutungen auslösen. Es kann es auch ohne äußere Ursache zu Blutungen kommen (Spontanblutungen) sowie zu Gelenk- und Muskelblutungen oder Blutungen in inneren Organen.

Einteilung der Hämophilie A nach Schweregraden

Über Hämophilie A

Hämophilie-Therapie

Es gibt verschiedene Arten, eine Hämophilie zu behandeln. Beispielsweise kannst Du eine prophylaktische oder eine Bedarfsbehandlung erhalten. Diese können mit faktor- oder nicht-faktor-basierten Medikamenten durchgeführt werden. Mehr zu den verschiedenen Therapieoptionen und warum es wichtig ist, dass Du Dich aktiv in die Therapieentscheidungen einbringst, erfährst Du in unseren Beiträgen zu diesen Themen.

Lebenserwartung bei Hämophilie

Dank moderner Therapiemöglichkeiten entspricht die Lebenserwartung von Menschen mit Hämophilie A etwa der der übrigen Bevölkerung bei guter Lebensqualität. Dagegen betrug die Lebenserwartung noch in der Mitte des letzten Jahrhunderts lediglich 30 Jahre.

Hämophilie bei Frauen

Bei Frauen kann die defekte Version des Gens für den Faktor VIII durch eine gesunde Version kompensiert werden. Sie zeigen in der Regel keine Symptome. Dennoch kann es auch bei ihnen zu einer erhöhten Neigung zu blauen Flecken oder langsameren Wundverschluss kommen.

Frauen mit einer defekten Version des Gens werden in diesem Zusammenhang „Konduktorinnen“ (Weiterführerin) genannt, da sie das Gen an ihre Kinder weitergeben können.

Mehr darüber, wie sich Hämophilie A bei Konduktorinnen zeigen kann, erfährst du hier und hier.

Hämophilie FAQs

Besteht noch Klärungsbedarf? Hier findest Du Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Hämophilie.

Schon der Rabbi Judah der Patriarch erkannte im zweiten Jahrhundert, dass es eine Erkrankung gibt, die sich durch Blutungsneigung von Jungen auszeichnet. In der religiösen Schrift „Talmud“ verfügte er, dass der dritte Sohn nicht beschnitten werden durfte, da bereits zwei seiner Brüder infolge der Beschneidung verblutet waren.

Eine erste wissenschaftliche Beschreibung erfuhr die Erkrankung durch den Arzt John Conrad Otto im Jahr 1803. Den Namen „Haemorrhaphilie“ erhielt sie 1822 von Friedrich Hopff, der sie später zur Hämophilie verkürzte.

Durch wiederholte Einblutungen in Gelenke können diese zunehmend an Beweglichkeit verlieren und die Betroffenen in ihrer Mobilität und Lebensqualität stark einschränken. Blutungen an anderen Stellen können Organe oder Nerven schädigen sowie die Durchblutung und Atmung behindern. Lebensgefährlich sind starke Einblutungen im Gehirn. Bei der heutigen medizinischen Versorgung in Deutschland wird eine Hämophilie aber in der Regel früh erkannt und dank wirksamer Therapien effektiv behandelt. Dadurch hat die Gefährlichkeit der Erkrankung stark abgenommen, sodass die Lebenserwartung und auch die Lebensqualität der der übrigen Bevölkerung entspricht.

Die Hämophilie A wird durch ein defektes Gen für den Gerinnungsfaktor VIII hervorgerufen. Diese defekte Version kann nicht durch eine intakte Version ersetzt werden. Daher ist eine Heilung nicht möglich. Lediglich der resultierende Mangel an Faktor VIII kann durch verschiedene Therapien behoben werden. Es wird allerdings an einer Gentherapie geforscht, bei der eine intakte Version des Gens längerfristig in den Körper eingeschleust wird.

In Deutschland leben etwa 6.000 Männer mit Hämophilie. Etwa 3.000 davon leiden an einer schweren Form. Schätzungsweise einer von 5.000 Jungen wird mit einer Hämophilie geboren. Die Hämophilie A ist ungefähr fünf- bis sechsmal so häufig wie die Hämophilie B.

Die Hämophilie A ist eine Erbkrankheit. Das heißt, sie wird von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Da das Gen für Faktor VIII sich auf dem X-Chromosom befindet – eines der zwei Geschlechtschromosomen – tritt die Erkrankung nur bei Jungen auf, deren Mutter eine defekte Version des Gens in sich trägt. Wie genau das funktioniert erklären wir Dir hier.

Eine seltene und komplexe Erkrankung wie die Hämophilie muss von Spezialist:innen für Blutgerinnung behandelt werden. Hämostaseologie nennt sich dieser Fachbereich. In Deutschland gibt es Zentren, in denen Expert:innen verschiedener Fachbereiche für eine umfassende Behandlung der Hämophilie sorgen. Eine Karte der Hämophilie-Zentren und Gerinnungsambulanzen findest Du hier.

Hast Du Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann schreibe uns gerne eine E-Mail über das Kontaktformular. Wir melden uns schnellstmöglich zurück.

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